WISSEN
Die Welt der Materie

Topologische Quantenmaterialien

Eine besondere mathematische Eigenschaft der Geometrie von Objekten hat sehr praktische Auswirkungen. Nicht nur die Grundlagenforschung begeistert sich deshalb für sogenannte topologische Materialien – auch die angewandte Physik hat längst ein Auge auf diese geworfen.

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Kann man ein Objekt spiegeln, und es sieht danach immer noch genauso aus wie vorher, so ist es spiegelsymmetrisch. Genauso gibt es auch Symmetrien bezüglich Drehachsen, Punkten oder Bewegungen – so lernt man es bereits in der Schule. Die Symmetrie ist aber nicht nur ein wichtiges Konzept in der Geometrie, sondern auch ein zentrales Leitprinzip der modernen Physik. Mit ihr lassen sich Materiezustände und die Übergänge zwischen ihnen beschreiben: Zum Beispiel werden durch die regelmäßige Anordnung der Atome in einem Kristallgitter bestimmte Richtungen im Raum ausgezeichnet. Dadurch gibt es nur diskrete Drehungen, die den Kristall in sich selbst überführen. Schmilzt man das Material, geht die atomare Ordnung verloren und alle Richtungen im Raum werden gleichwertig. In diesem Sinn hat die Schmelze eine höhere Symmetrie (mehr Symmetrieachsen) als der Kristall.

Die Topologie ist ein weiteres mathematisches Konzept, das in der Physik eine fast ebenso grundlegende Rolle spielt. Sie beschäftigt sich damit, welche Eigenschaften geometrischer Objekte bei kontinuierlichen Verformungen (wie Dehnen oder Verdrehen, nicht aber Zerreißen oder Verkleben) unverändert bleiben. Die Topologie erklärt die Stabilität bestimmter geometrischer Muster in physikalischen Systemen, wie etwa Wirbel in einem Stromfluss oder sogenannte Skyrmionen in zweidimensionalen Magneten (Seite 81).

So wie sich zwei verschiedene Aggregatzustände durch ihre Symmetrie unterscheiden können – zum Beispiel flüssig und fest – können sich zwei physikalische Zustände auch durch ihren topologischen Charakter unterscheiden.

Quanten-Hall-Effekt und Topologie

Wie bei vielen anderen physikalischen Entdeckungen kam man der fundamentalen Rolle der Topologie durch eine experimentelle Beobachtung auf die Spur. Im Jahr 1980 untersuchte Klaus von Klitzing bestimmte Halbleiterstrukturen mithilfe von extrem starken Magnetfeldern. Die Elektronen können sich in diesem Experiment nur in einer dünnen zweidimensionalen Schicht bewegen. Allerdings verhindert das Magnetfeld, dass nach Anlegen einer elektrischen Spannung ein Strom in Richtung der elektrischen Feldes fließen kann, d. h. die Struktur wird elektrisch isolierend. Stattdessen gibt es einen elektrischen Strom senkrecht zur angelegten Spannung. Dieses Phänomen wird als Hall-Effekt bezeichnet und war im Prinzip schon lange bekannt. Was von Klitzing aber völlig überraschend bei den von ihm verwendeten hohen Magnetfeldern beobachtete, war die Tatsache, dass der gemessene Hall-Widerstand (das Verhältnis aus angelegter Spannung und dem senkrecht fließenden Hall-Strom) nur ganz bestimmte Werte annimmt, die sich aus ganzzahligen Brüchen ergeben: Er ist quantisiert. Dieses Phänomen bezeichnet man als Quanten-Hall-Effekt.

Der Quanten-Hall-Effekt

In einem Feldeffekttransistor, wie er von Klaus von Klitzing untersucht wurde (links), können sich die Elektronen nur in einer dünnen zweidimensionalen Schicht bewegen. In einem angelegten Magnetfeld werden die Elektronen durch die Lorentzkraft auf enge Kreisbahnen gezwungen, durch die der Transistor im Inneren elektrisch isolierend wird. Am Rand werden die Elektronen auf ihren Kreisbahnen dagegen immer wieder reflektiert, sodass die Elektronen effektiv um die gesamte Probe herumgeführt werden (rechts). Diese Randbewegung ist für den beobachteten Quanten-Hall-Effekt verantwortlich, in dem nur bestimmte Widerstände auftreten (Mitte, mehr dazu auf Seite 211).

Während Elektronen in einem isolierten Atom nur diskrete Energiewerte annehmen können, weiten sich die energetischen Zustände in einem Festkörper zu breiten Bändern auf. In Isolatoren und Halbleitern sind vollbesetzte (blau) und leere (orange) Elektronenbänder durch eine Energielücke h voneinander getrennt. In einem Metall ist mindestens ein Band nur teilweise gefüllt, sodass es keine Lücke zwischen besetzten und leeren Zuständen gibt.

Um das zu verstehen, betrachten wir, wie elektrische Leiter und Isolatoren quantenmechanisch beschrieben werden. Im einzelnen Atom können Elektronen nur ganz bestimmte, feste Energiewerte annehmen. Werden Atome im Kristallgitter eines Festkörpers periodisch angeordnet, werden daraus breite Energiebänder, die die Energiebereiche beschreiben, welche prinzipiell von den Elektronen besetzt werden können.

Ob ein Material ein elektrischer Leiter oder Isolator ist, hängt davon ab, wie die Energien der Elektronen tatsächlich auf diese Bänder verteilt sind und wie sich besetzte und unbesetzte Bänder gegenüberstehen. Bei einem Isolator sind alle Bänder entweder vollständig besetzt oder vollständig leer, und zwischen ihnen liegt eine Energielücke. Um die Elektronen zur Stromleitung anzuregen, müssen sie diese Energielücke überwinden, wofür normalerweise die Energie fehlt. In einem Metall ist dagegen mindestens ein Band nur teilweise gefüllt, sodass es gar keine Energielücke gibt. Daher sind Metalle gute elektrische Leiter.

Für die quantenmechanische Beschreibung der Elektronen benötigt man aber nicht nur ihre Energie, sondern auch ihren Impuls p⃗ (für ein freies, nichtrelativistisches Elektron ist der Impuls das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit). Dadurch hängt die Energielücke zwischen besetzten und unbesetzten Bändern im Prinzip auch vom Impuls ab. Zum anderen – und das ist eine relativ neue Erkenntnis – handelt es sich bei der Energielücke nicht einfach nur um einen Energiewert, sondern sie hat auch eine Richtung. Somit lässt sich die Energielücke als dreidimensionaler Vektor h⃗(p⃗) darstellen, wobei der Betrag dieses Vektors einfach die Anregungsenergie beim Impuls p⃗ ist.

Um die Bandstruktur eines Isolators zu beschreiben, muss man jedem Impuls einen solchen Energielücken-Vektor zuordnen. Das sich ergebende Vektorfeld h⃗(p⃗) kann man sich wie einen zweidimensionalen Magneten vorstellen, in dem die Vektoren h⃗ an jedem Punkt im Impulsraum die Magnetisierungsrichtung und -größe anzeigen. Das Spannende ist nun, dass die Energielückenvektoren im Impulsraum topologische – und das bedeutet hier wirbelartige – Konfigurationen einnehmen können, ähnlich wie die Skyrmionen im Ortsraum. Die Anzahl dieser Impulsraum-Wirbelstrukturen ist eine topologische Unveränderliche, die gegenüber äußeren Störungen extrem robust ist. Dies bedeutet: Man kann den Wirbel nicht aufbrechen, ohne dass die Länge des Lückenvektors h⃗ für einen bestimmten Impuls p⃗ verschwindet – und der Isolator sich damit zu einem Metall wandelt. Eine veränderte Topologie bedeutet damit veränderte makroskopische Eigenschaften, wie oben vorausgeschickt.

Eine buchstäbliche Randerscheinung

Auch wenn dies zunächst wie eine mathematische Kuriosität klingt, haben die Lückenvektor-Wirbel bemerkenswerte physikalische Konsequenzen am Rand des Materials: Da sie nur innerhalb des Materials existieren können, muss der Lückenvektor am Rand verschwinden, d. h. die Energielücke wird dort zwangsläufig Null. Dies hat die messbare Folge, dass eine dünne Randschicht metallisch wird, also den elektrischen Strom leitet, während das Innere des Materials elektrisch isolierend bleibt. Tatsächlich leitet der Rand den Strom nahezu ideal, denn die topologischen Lückenvektor-Wirbel erzwingen, dass sich die Elektronen am Rand nur in eine Richtung bewegen und nicht zurückgestreut werden können. Dies ist eine Situation, die in „normalen“ Metalldrähten nicht auftritt: Dort führt Rückstreuung an Störungen und Verunreinigungen des Kristallgitters immer zu einem materialabhängigen elektrischen Widerstand. Beim Quanten-Hall-Effekt dagegen entsteht zu jedem Lückenvektor-Wirbel im Inneren des Materials ein perfekter Einbahnstraßenkanal am Rand, sodass der Widerstand entlang des Rands verschwindet. Gleichzeitig trägt jeder Wirbel einen universellen, also materialunabhängigen Beitrag zum Kehrwert des Hall-Widerstandes bei. Der Quanten-Hall-Effekt misst damit direkt die Anzahl der Lückenvektor-Wirbel!

Topologische Isolatoren

Der Quanten-Hall-Effekt hat noch einen Zwilling, den gebrochenzahligen Quanten-Hall-Effekt. Dabei führen Wechselwirkungen zwischen den Elektronen zu weiteren Spannungsstufen. Lange dachte man, dass diese beiden Phänomene die einzigen Beispiele für isolierende Materialien wären, deren Eigenschaften durch Topologie bestimmt sind. Tatsächlich wurden Mitte der 2000er-Jahre aber Isolatoren entdeckt, die ebenfalls topologische Wirbel des Energielücken-Vektors aufweisen, ohne dafür aber Magnetfelder oder eine Beschränkung der Elektronen auf zwei Dimensionen zu erfordern: Bei dieser neu entdeckten Materialklasse, den topologischen Isolatoren ist das Innere isolierend und der Rand nahezu perfekt leitend – bei dreidimensionalen Objekten die gesamte Oberfläche.

Die faszinierenden Eigenschaften topologischer Quantenmaterialien verstecken sich in der Textur des Energielücken-Vektors. Bei einem normalen Isolator ist dies unspektakulär (links), bei topologischen Isolatoren treten Wirbel auf (mittleres Bild), die an magnetische Skyrmionen erinnern. Bei einem dreidimensionalen topologischen Metall nimmt die Lückenvektor-Textur die Gestalt eines Igels an, wobei der Lückenvektor im Zentrum Null wird.

Wie beim Quanten-Hall-Effekt sind auch bei topologischen Isolatoren die Randzustände und Quantisierungsphänomene eine direkte Folge ihrer topologischen Bandlücke. Elektronen können sich in diesen Zuständen entlang des Rands bzw. der Oberfläche eines topologischen Isolators bewegen, wobei die Orientierung ihrer Spins fest an ihre Bewegungsrichtung gekoppelt ist: Elektronen, die sich in entgegengesetzten Richtungen bewegen, haben auch entgegengesetzt orientierte Spins. Dieses Phänomen schützt die Randelektronen – ähnlich zum Quanten-Hall-Effekt – vor Rückstreuung: Einmal in Bewegung gesetzt, bewegen sie sich ungebremst weiter.

Topologische Eigenschaften treten auch in anderen Materialklassen auf. In topologischen Metallen erzwingt die Topologie beispielsweise, dass der Lückenvektor h⃗(p⃗) an einem bestimmten Impuls p⃗ verschwindet. Topologische Supraleiter sind ein weiteres Beispiel: Trotz ihrer perfekten elektrischen Leitfähigkeit ähneln sie Isolatoren in der Hinsicht, dass sie ebenfalls eine Energielücke für elektronische Anregungen besitzen. Bei einem topologischen Supraleiter wird diese Lücke an der Oberfläche des Materials durch Zustände gefüllt, die ungewöhnliche Eigenschaften besitzen: Sie verhalten sich in einem bestimmten Sinn wie Teilchen, die man als ihr eigenes Antiteilchen auffassen kann. Diese Zustände werden als „Majorana-Moden“ bezeichnet, weil ihre mathematische Beschreibung große Ähnlichkeiten mit der von sogenannten Majorana-Fermionen besitzt, hypothetischen Elementarteilchen aus der Hochenergiephysik, die in der Tat ihr eigenes Antiteilchen darstellen. Jenseits von elektronischen Quantenmaterialien können topologische Phasen aber auch in photonischen und mechanischen Systemen sowie in elektrischen Schaltkreisen erzeugt werden .

Topologische Photonik

Licht zu verwenden, um Information zu übertragen, zu verarbeiten und zu speichern: Das ist ein Anliegen der Photonik. Mit dem Erfolg der Topologischen Isolatoren in der Festkörperphysik entstand der Wunsch, topologische Prinzipien auch auf Licht anwenden zu können. Die möglichen Anwendungen für die Photonik wären von unschätzbarem Wert.

Leider funktioniert der ursprünglich für Festkörper vorgeschlagene Mechanismus nur bei Elektronen und nicht bei Photonen. Das hat mit deren grundlegenden Eigenschaften zu tun: Elektronen sind Fermionen und tragen eine elektrische Ladung, Photonen sind Bosonen und trage keine Ladung. In der Welt der Quantenmechanik folgen sie daher grundlegen anderen Prinzipien.

Mithilfe topologisch geschützter Lichtströme in optischen Medien würden phantastische Möglichkeiten eröffnet. So könnte Licht innerhalb kleinster Bereiche auf beliebigen dreidimensionalen Pfaden geführt werden (links). Darüber hinaus wäre es auch denkbar, langsames Licht in speziellen Kanälen streufrei über bisher unerreichte Distanzen zu führen.

2005 schlug der britische Physiker und Nobelpreisträger Duncan Haldane vor, die Teilchenspins mit starken Magnetfeldern zu beeinflussen, um topologische Zustände für Licht zu erzeugen. Dieser Idee folgend gelang es einer Gruppe am MIT im Jahre 2009 erstmals, topologisch geschützte Randzustände im Mikrowellenbereich des elektromagnetischen Spektrums zu demonstrieren. Damit läutete sie die experimentelle Phase der topologischen Photonik ein. Dieser Ansatz ist jedoch für sichtbares Licht nicht möglich, denn in diesem Wellenlängenbereich sind die magnetischen Effekte aller Materialien dafür zu klein.

Eine vielversprechende Idee, topologische Effekte im sichtbaren Spektralbereich zu realisieren, war, das zugrundeliegende photonische System zeitlich zu modulieren, sodass die Zeitumkehrsymmetrie (eine fundamentale Symmetrie in der Physik) gebrochen wird. Dies – so kann man theoretisch zeigen – würde die Topologie des Systems ändern. Die Modulationsfrequenz sollte jedoch im gleichen Bereich wie die Lichtfrequenz liegen, was bei sichtbarem Licht einer Frequenz im Petahertz-Bereich entspricht. Elektronisch ist dies nicht zu erreichen; die schnellsten elektronischen Schaltungen sind rund 10 000-mal langsamer.

Im Jahre 2013 konnte dieses Problem durch die Nutzung eines Systems gekoppelter Wellenleiter gelöst werden, in welchem einer der beiden Wellenleiter die Rolle des Modulators des anderen Leiters übernimmt. Eine Distanz von einem Zentimeter entspricht ungefähr einer Laufzeit des Lichts von zehn Femtosekunden, sodass eine räumliche Struktur entlang der Wellenleiter im Millimeterbereich genau den Einfluss auf die Physik des propagierenden Lichts hat wie eine echte zeitliche Modulation auf der benötigten Zeitskala. Die Modulation selbst wurde durch eine helixförmige Verdrillung der Wellenleiter realisiert, wodurch sich schließlich topologisch geschützte Randzustände ausbildeten. Das Licht, welches am Rand der Struktur eingekoppelt wird, läuft streufrei und ungehindert am Rand des Systems entlang, um Ecken und Kanten. Selbst Defekte, die man in das System einbrächte (z. B. fehlende oder zusätzliche Wellenleiter), würden das Licht nicht stören. Diese Ergebnisse demonstrierten erstmalig, dass topologisch geschützte Randzustände auch für optische Systeme im sichtbaren Wellenlängenbereich existieren und dass sich in optischen Strukturen die zugrundeliegende Topologie in der Tat durch periodische Modulation des Systems beeinflussen lässt.

Photonische topologische Isolatoren konnten erstmals in komplexen Systemen verdrillter Wellenleiter realisiert werden (links). Das Licht, welches am Rand der Struktur eingekoppelt wird, läuft streufrei und ungehindert am Rand des Systems entlang, um Ecken und Kanten, selbst um Defekte (rechts).

Nach Bekanntwerden dieser Experimente brachten in kurzer Folge eine Reihe weiterer Resultate das Feld der topologischen Photonik deutlich weiter voran. So wurden topologische Randzustände beispielsweise in Metamaterialien im Subwellenlängenbereich demonstriert, oder auch in Ringresonatoren aus Silizium, was für das Feld der Siliziumoptik von großer Bedeutung ist. Ein großer Vorteil optischer Systeme ist darüber hinaus, dass in ihnen eine Reihe experimenteller Einschränkungen, wie sie in der Festkörperphysik zu finden sind, nicht existieren. Dazu gehören insbesondere die Wechselwirkung von Elektronen untereinander sowie Gitterschwingungen, welche viele Effekte überdecken. Daher lassen sich in optischen Systemen auch Phänomene realisieren, die in Festkörpern nur sehr schwer oder gar nicht nachzuweisen sind.

Diese Entwicklung macht deutlich, dass dem neuen Forschungsgebiet der topologischen Photonik in vielerlei Hinsicht eine goldene Zukunft bevorsteht. Neben dem offensichtlichen grundlagenphysikalischen Interesse werden topologische Prinzipien in der Optik hochgradig robuste optische Bauelemente ermöglichen, die unempfindlich gegen äußere und innere Störungen sind. Dies kann Einkoppelverluste und unerwünschte Reflexion in optischen Systemen potenziell um Größenordnungen verringern. Topologische Oberflächenzustände werden es erlauben, die Energieanforderungen klassischer Datensignale deutlich zu verringern und Quantenzustände vor Störungen zu schützen.

Alexander Szameit

Mögliche Anwendungen

Die Erforschung topologischer Materialphasen wurde bisher hauptsächlich aus wissenschaftlicher Neugier betrieben. Da­rüber hinaus eröffnen sich aus den einzigartigen Eigenschaften topologischer Materialien vielfältige Anwendungsperspektiven. So wird die bisher unübertroffene Genauigkeit des Quanten-Hall-Effekts in der Metrologie genutzt, um hochpräzise Strom- und Spannungsnormale zu realisieren (Seite 209ff.). Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Quantenelektronik, die auf der hochgenauen Kontrolle einzelner Elektronen in Nanostrukturen basiert. Topologische Supraleiter haben großes Potenzial für das Quantencomputing, weil sie sich zur Speicherung und Verarbeitung von Quanteninformation eignen, die optimal vor äußeren Störungen geschützt ist (Seite 199).

Ganz besonders großes Potenzial besitzen topologische Materialien für eine nachhaltige Mikroelektronik. Bereits heute geht ein substantieller Teil der weltweit produzierten elektrischen Energie durch Wärmeverluste in der siliziumbasierten Informations- und Kommunikationstechnologie verloren. Computerchips, die den verlustfreien Stromfluss durch die Einbahnstraßen-Randkanäle topologischer Isolatoren nutzen, könnten hier ein vielversprechender Ausweg sein.

Das ist allerdings nur der Anfang – wir entdecken ständig neue topologische Materialien und können sogar deren Eigenschaften maßschneidern. In den kommenden Jahren wird es eine zentrale Aufgabe der Physik sein, das enorme Potenzial dieser neuen Klasse von Quantenmaterialien zu erschließen.

Piet W. Brouwer und Ralph Claessen