Der globale Klimawandel (siehe „Globale Klimaentwicklung“ auf Seite 120) erfordert eine weltweite Neuausrichtung der Energieversorgung hin zu einer nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Damit kein Kohlendioxid mehr in die Atmosphäre gelangt, müssen fossile Energieträger ersetzt werden. Zudem braucht es eine Entwicklung hin zu modernen, strombasierten Technologien, die Energie wesentlich effizienter nutzen können als Verbrennungsprozesse. Die notwendigen technischen Voraussetzungen für diese globale Menschheitsaufgabe stehen zur Verfügung und werden erfolgreich weiterentwickelt. Zugleich erlaubt uns die Energiewende, den Energieverbrauch regional autarker zu gestalten und damit unabhängiger von Regierungen und Konzernen zu werden, die freiheitlich-demokratische Grundwerte nicht teilen.

Ein vielversprechender Anfang ist gemacht. Seit 2023 erzeugt Deutschland bereits über die Hälfte seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen, Tendenz steigend. Der Weg zu einem vollständig klimaneutralen und nachhaltigen Energiesystem ist dennoch weit, denn der Stromverbrauch macht nur etwa 15 Prozent des gesamten Primärenergieverbrauchs in Deutschland aus. Den weitaus größeren Energiebedarf haben die Industrie, der Wärmesektor und der Verkehr. Dieser Bedarf wird noch weitgehend durch Technologien gedeckt, die auf der Verbrennung fossiler Energieträger basieren. Mit der Elektrifizierung dieser Sektoren wird der Primärenergieverbrauch deutlich sinken. Es braucht dafür die notwendige Infrastruktur für die Erzeugung, Verteilung und Speicherung elektrischer Energie. Diese Transformation ist umso besser zu bewältigen, je größer der internationale Verbund ist, in dem sie gestaltet wird.
Die Physik liefert die wissenschaftlichen Grundlagen zum Verständnis des Erdsystems und damit der Quellen erneuerbarer Energien. Sie ermöglicht es, Technologien hinsichtlich ihrer Effizienz und Zukunftsfähigkeit einzuordnen, liefert Daten, wie viel erneuerbare Energie im Erdsystem überhaupt entsteht, wie Strom gespeichert und verteilt werden kann, und sie hilft, die Auswirkungen des Energieverbrauchs der Menschheit auf das Gesamtsystem Erde zu bestimmen.
Strombasierte statt wärmebasierte Technologien
Mit den modernen zur Verfügung stehenden Technologien lässt sich der Primärenergiebedarf Deutschlands um fast die Hälfte senken, ohne dass dies unseren Lebensstandard negativ beeinflusst. Im Vordergrund steht dabei die Umstellung auf strombasierte Technologien, denn diese nutzen Energie wesentlich effizienter als wärmebasierte.
Bei vielen modernen Stromerzeugungstechnologien spielt Wärme als Zwischenstufe keine Rolle mehr. Während Windenergie „konventionelle“ Energie ist, die die Bewegungsenergie der Atmosphäre nutzt, basiert Photovoltaik auf Quantenphysik, insbesondere dem photoelektrischen Effekt, den Albert Einstein als Quanteneffekt erkannte. Die technischen Stromentstehungskosten sind für Photovoltaik und Windenergie deutlich günstiger als für thermische Kraftwerke, die mit Kohle oder Kernkraft betrieben werden. Im Strompreis macht sich dies nur teilweise bemerkbar: Etwa 20 Prozent des Strompreises in Haushalten sind Erzeugungskosten, der Rest sind Kosten des Netzes, Steuern, Umlagen, Vertriebskosten und Firmengewinne.

Im Verkehrssektor ist die Elektromobilität unverzichtbar für die Energiewende. Dort werden aktuell über 90 Prozent der etwa 2500 Petajoule pro Jahr in Verbrennungsmotoren in Wärme umgewandelt (das sind 21% des Primärenergieverbrauchs), um damit Bewegung zu erzeugen. Dabei ist der Wirkungsgrad gering, etwa 20 Prozent. Elektromotoren können Strom wesentlich effizienter in Bewegung umsetzen und beim Bremsen einen Teil der Energie zurückgewinnen. Die Wende zur Elektromobilität könnte in der Summe den Energieverbrauch im Verkehrssektor auf etwa 20 Prozent des heutigen Werts reduzieren. Weitere erhebliche Reduzierungen lassen sich dadurch erreichen, dass im Stadtverkehr weniger Masse pro Person beschleunigt werden muss, zum Beispiel durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder durch Nutzung von Fahrrädern oder E-Bikes.

Einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung des Primärenergiebedarfs im Gebäudesektor leisten Wärmepumpen. Die hohe Temperatur bei der Verbrennung fossiler Energieträger in Heizkesseln oder Gasthermen ist nicht notwendig, um einen Raum im Winter etwa 10 oder 20 Grad über der Außentemperatur zu halten. Eine Wärmepumpe kann dies viel effizienter erreichen: Sie verrichtet lediglich Arbeit, um einen geringen Temperaturunterschied aufrechtzuerhalten. Pro 100 Watt an eingesetzter elektrischer Leistung können Wärmepumpen 300 bis 500 Watt an Wärmeleistung erzeugen. Rund 80 Prozent des Energieverbrauchs in Haushalten geht in die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser – mit Wärmepumpen ließe sich dieser Bedarf mit etwa einem Viertel der Energie in Form von Strom bewerkstelligen. Ein weiteres großes Einsparpotenzial für Energie liegt in der besseren Wärmedämmung etwa durch die Isolierung von Wänden und Mehrscheiben-Isolierverglasung von Fenstern.
Auch industrielle Prozesse lassen sich durch Elektrifizierung klimaneutral gestalten. Aufgrund der hohen Energiedichten von fossilen Brennstoffen, der Notwendigkeit von Kontinuität in den Erzeugungsprozessen und der Verwendung von Kohlenstoff in chemischen Umwandlungsprozessen bedarf es hier allerdings neuer Verfahren sowie Energieträger mit hohen Dichten, insbesondere Wasserstoff. Dieser kann über Elektrolyse klimaneutral aus erneuerbarem Strom hergestellt werden. Synthetische Kraftstoffe für Schiffe und Flugzeuge oder aus dem CO2 der Luft gewonnene Polymere sind in ihrer Herstellung sehr energieintensiv, für die Abwendung des Klimawandels aber dringend erforderlich. Die Verwendung dieser Kraftstoffe für Mobilität, die recht einfach durch Elektromobilität ersetzt werden kann, oder die Nutzung von grünem Wasserstoff für Raumwärme erscheint daher aufgrund der damit verbundenen Umwandlungsverluste nicht sinnvoll.

Diese technologischen Fortschritte, die den Primärenergiebedarf senken und den Strom überwiegend mit Sonne und Wind erzeugen, findet man in gängigen Szenarien der Energiewende wieder. Mit der Transformation hin zu strombasierten Technologien wird aber insgesamt der Strombedarf bis 2050 um etwa die Hälfte steigen. Dies kann z. B. durch den starken Ausbau der Windenergie auf eine in Deutschland installierte Leistung von etwa 200 GW auf Land, 70 GW auf See, und 350 GW aus Photovoltaik bewerkstelligt werden. Zum Vergleich: Ende 2023 waren 61 GW aus Windenergie an Land, 8 GW auf See, und 82 GW aus Photovoltaik installiert.
Als Naturwissenschaftler:innen haben wir keine Zweifel an der Notwendigkeit und der Dringlichkeit der hier angesprochenen Transformation unserer Energiewirtschaft. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass zu deren Umsetzung die Einsichten der Wirtschaftslehre, der Psychologie und der Soziologie eine ebenso wichtige Rolle spielen werden. Die Darstellung hier kann nur ein Ausschnitt einer breiten und zwingend interdisziplinären Diskussion und Lösungssuche sein.
Die Herausgeber:innen
Direkte und indirekte Energieerzeugung aus Sonnenlicht
Wie viel erneuerbare Energie prinzipiell verfügbar ist, und ob sie für die Energiewende reicht, zeigt eine Überlegung basierend auf den physikalischen Gesetzen der Energieerhaltung und der Thermodynamik. Der Ausgangspunkt für diese Potenziale ist die einfallende Solarstrahlung.
Die Nutzung von Sonnenlicht durch Photovoltaik hat bei Weitem das größte Potenzial. Hier wird die Strahlungsenergie direkt in elektrische Energie umgewandelt. Heutige Solarpaneelen nutzen bereits 20 Prozent der Strahlung. Selbst in Deutschland, das eher weniger günstig für die Nutzung von Photovoltaik erscheint, ist das Potenzial der direkten Nutzung des Sonnenlichts gewaltig: Im Prinzip ließe sich damit ein Vielfaches des gegenwärtigen Energiebedarfs in Deutschland decken.
Sobald Sonnenlicht absorbiert wird, überwiegend an der Erdoberfläche, wird die Strahlungsenergie in Wärme umgewandelt. Da die Erwärmung der Erdoberfläche und die Kühlung durch Abstrahlung von der Atmosphäre ins Weltall räumlich und zeitlich getrennt ablaufen, bilden sich Temperaturunterschiede aus, welche die Luftbewegungen in der Atmosphäre antreiben. Dabei wird jedoch nur ein Bruchteil von weniger als einem Prozent des einfallenden Sonnenlichts in Bewegungsenergie umgewandelt. Diese geringe Effizienz kommt zustande, weil die Unterschiede in der Temperatur wesentlich geringer sind als beispielsweise in einem thermischen Kraftwerk.
Die so erzeugte Windenergie wird transportiert und verteilt und letztlich nahe der Oberfläche durch Reibung wieder in Wärme umgewandelt. Alternativ lässt sich die Windenergie durch Windturbinen zur Stromerzeugung nutzen. In Deutschland kann Windenergie einen großen Beitrag zur Stromerzeugung liefern, vor allem in der dunkleren Jahreshälfte – dann ist der Unterschied in der Sonneneinstrahlung zwischen Tropen und Pol am größten und in den mittleren Breiten ist es typischerweise windig.
Über den Ozeanen geht ein geringer Teil – etwa ein Prozent – der Windenergie nicht durch Reibung verloren, sondern erzeugt Wellen, die Durchmischung des Ozeans und die windgetriebene Ozeanzirkulation. Auch diese Energieformen lassen sich als erneuerbare Energien nutzen. Da die Energie dabei aber schon mehrfach umgewandelt wurde – von Sonne zu Wind zu Strömung bzw. Wellen –, sind die Potenziale global wesentlich geringer als die von Sonne und Wind. Zusätzliche Meeresströmungen entstehen durch die Gezeiten. Die damit verbundene Energie wird aus dem Abbau von Rotations- und Gravitationsenergien des Erde-Mond-Sonne-Systems gewonnen. Auch wenn diese in wenigen Küstenregionen zu starken Tidenhüben führt und dort als erneuerbare Energie genutzt werden kann, ist ihr Potenzial auf globaler Skala mit etwa 5 TW Leistung sehr gering. In Deutschland spielen Wellen- und Gezeitenkraftwerke für die Energiewende keine Rolle.
Energiespeicher
Elektrische Energie ist die effizientest nutzbare, aber auch eine der empfindlichsten Energieformen – Elektrizität muss im Augenblick der Nutzung bereitgestellt werden. Die wichtigsten Quellen erneuerbarer Energie, Photovoltaik und Windenergie, können nicht genau nach Bedarf gesteuert werden, sondern liefern dann Strom, wenn die Bedingungen dafür günstig sind – Photovoltaik also beispielsweise am Tag und vor allem im Sommer, Wind bei entsprechenden Wetterverhältnissen. Bei einem 60%-Solar- zu 40%-Windausbau ergänzen sich Solar- und Windenergie über die Jahreszeiten verteilt ideal. Trotzdem bleiben kurzzeitige Schwankungen und Defizite von wenigen Tagen, im Extremfall Dunkelflauten, bei denen kaum Sonne scheint und wenig Wind weht.
Durch intelligente Stromverteilung und Nutzung, das Vorhalten von Überkapazitäten und länderübergreifende Stromnutzung können die Schwankungen der Energieversorgung weiter reduziert werden. Darüberhinaus sind Speicher notwendig. Die physikalisch-technischen Grundlagen für ausreichende Speicherkapazitäten sind vorhanden. Randbedingungen für deren ausreichenden Ausbau sind rasche Realisierbarkeit und geringe Kosten.
Batterien
Elektrochemische Speicherung in Batterien ist die bevorzugte Technologie in der Mobilität und in Haushalten. Ihr Wirkungsgrad ist ausgezeichnet (ca. 90%) und sie sind auch in größeren Anlagen als Kurzzeitspeicher geeignet. Es gibt Konzepte für großtechnische unterirdische Redoxflow-Batterien in ehemaligen Salzstöcken.
Pumpspeicherwerke
Die klassischen Pumpspeicherwerke sind langlebige Speicheranlagen mit großer Kapazität und gutem Wirkungsgrad (70–80%). Hier wird elektrische Energie in Form von potenzieller Energie in einem hochgelegenen Wasserreservoir gespeichert und bei Bedarf durch Turbinen abgelassen. Da die geografischen und ökologischen Gegebenheiten in Deutschland kaum neue Pumpspeicherwerke zulassen, wurde die Idee entwickelt, mit großen Betonhohlkörpern im Meer oder in ausgedienten und dann gefluteten Braunkohlegruben die notwendige Höhendifferenz herzustellen. Die Unterwasseranlagen sind in ökologischer Hinsicht deutlich vorteilhafter als konventionelle Pumpspeicheranlagen.
Pressluftspeicher
Hier wird durch elektrische Energie Druckluft erzeugt und bei Bedarf aus dieser wieder entnommen. Die direkte Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie ist je nach Bauweise von mittlerer Effizienz (ca. 50% bis 70%). Die Technologie der Pressluftgroßspeicher mit einem Druck von 150 Bar ist für Erdgasspeicher erprobt. Große Kapazitäten wären möglich. Bisher gibt es in Deutschland eine Prototypenanlage.
Chemische Speicher (außer Batterien)
Die Erzeugung von grünem Wasserstoff, anderen synthetischen Brennstoffen und Biogas ist für die Bereitstellung von Rohstoffen und Prozesswärme in der Industrie unverzichtbar. Diese Substanzen lassen sich sehr gut transportieren und speichern. Allerdings ist ihre Bereitstellung aufwendig und vergleichsweise ineffizient (70% bis 80% der Energie gehen im Prozess verloren). Wenn diese klimaneutralen Brennstoffe aus Überschussstrom erzeugt werden, kann sich trotz des geringen Wirkungsgrads Rückverstromung lohnen, da bei voll ausgebauter Versorgung mit erneuerbaren Energien nur wenige Prozent des Jahresbedarfs durch den Speicher gehen.
Auch in Versorgungssystemen mit ausschließlich erneuerbarer Energie wird es neben grünem Wasserstoff oder daraus hergestellten Folgeprodukten wie Ammoniak und Methanol noch Speicherung von chemischer Energie etwa von Müll oder Biogas für die Verbrennung (u. a. in Gasturbinenkraftwerken) geben. Diese Energiequellen könnten ausreichen, um fehlende Speicherkapazitäten auszugleichen.
Speichertechnologien in der Entwicklung
Entwickelt werden weiterhin „exotische“ Technologien wie etwa Schwungräder, Superkondensatoren, Schwerkraft-oder Osmosespeicher.
Biodiesel und Geothermie
Die Photosynthese nutzt ebenfalls Sonnenlicht direkt, das heißt, ohne es vorher in Wärme umzuwandeln. Sie wandelt Lichtenergie in chemische Energie in Form von Kohlehydraten und Biomasse um, die auch ein potenziell nutzbarer Energieträger und vor allem ein Speicher ist. Die Effizienz der Umwandlung ist mit 0,5 bis 1,5 Prozent deutlich geringer als bei der Photovoltaik. So bräuchte man die gesamte Fläche Deutschlands, um den gegenwärtigen Energieverbrauch im Verkehrssektor durch Biodiesel aus Energiepflanzen abzudecken. Daher ist das Potenzial von Bioenergie oder ähnlichen abgeleiteten Formen von erneuerbarer Energie wie Biokraftstoff in Deutschland entsprechend gering. Allerdings trägt Biomasse aus Abfällen der Holzverarbeitung und Biomüll, genutzt in thermischen Kraftwerken, durchaus nennenswert zur erneuerbaren Stromerzeugung in Deutschland bei.
Eine weitere Energieform, die zu den Erneuerbaren gezählt wird, ist die Geothermie. Sie nutzt die Wärme der Erdkruste, die überwiegend bei der Entstehung freigesetzt wurde und durch radioaktive Zerfälle entsteht, und baut diese ab. Nachhaltig bietet sie damit nur wenig Energie, da der Wärmestrom aus dem Erdinneren an die nutzbaren Bereiche nahe der Oberfläche nur weniger als 0,1% der einfallenden Solarstrahlung in Deutschland entspricht.
So spielen vor allem die direkte Nutzung der Solarenergie, Wind, Biomasse aus Abfällen und Wasserkraft als erneuerbare Energiequellen eine wesentliche Rolle in Deutschland. Ihre Potenziale, insbesondere der Solarenergie, sind deutlich höher als der Energieverbrauch in Deutschland, sodass wir uns prinzipiell ausreichend mit erneuerbarer Energie versorgen können. Energieverfügbarkeit

Im Prinzip ergänzen sich Sonne und Wind in Deutschland sehr gut: Im Sommer ist die Einstrahlung hoch, aber der Wind ist schwach, im Winter ist es umgekehrt. Aber Wind und Sonne sind variabel und speisen nicht nach Bedarf in das Stromnetz ein. Die Verteilung der Netzlast zeigt, wie häufig wie viel Strom benötigt wird: Im Jahr 2022 betrug die Maximallast etwa 79 Gigawatt, das Minimum lag bei 34 Gigawatt.
Durch die Einspeisung der Erneuerbaren wurde die Strommenge, die von regelbaren (meist thermischen) Kraftwerken gedeckt werden muss, stark gesenkt. Diese Residuallast beschreibt also die Lücken, in denen Sonnen- und Windstrom nicht ausreichen, und die durch Importe, Speicher oder Kraftwerke gedeckt werden, die schnell Energie erzeugen können. Dies kann durch eine bessere Vernetzung innerhalb Europas und den Ausbau von Stromspeichern weiter sinken. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Strommengen auf verschiedenen Zeitskalen zu speichern.
Der Unterschied zwischen Energieangebot und Nachfrage kann auch verringert werden, indem der Strompreis abhängig von Angebot und Bedarf dynamisiert wird, sodass Energie insgesamt effizienter genutzt wird, wenn sie verfügbar ist. Die klassischen thermischen Kraftwerke mit ihrer Auslegung auf eine Grundlast, also der kontinuierlichen Erzeugung von Strom, haben jedoch in so einem Energiesystem keinen Platz. Sie sind zu unflexibel und teuer.
Kernspaltung und Kernfusion werden manchmal als weitere Optionen für die zukünftige Energieversorgung genannt, in der die Physik die Grundlagen schafft. Allerdings hat Deutschland den Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft bereits vollzogen. Diese Formen der Energiegewinnung sind teuer, unflexibel und langwierig im Aufbau und beinhalten die noch ungelösten Probleme der Endlagerung und der Haftung. Diese Problematik sowie die damit verbundenen Kosten trägt die Gesellschaft. Bei den Erneuerbaren entstehen diese Kosten nicht. Ob Kernfusionskraftwerke nennenswert zur Stromversorgung beitragen könnten, ist noch nicht abschließend geklärt.
Auch werden in einem Energiesystem, welches durch die sehr günstigen, aber variablen erneuerbaren Energien geprägt ist, keine Grundlastkraftwerke mehr gebraucht. Die kurzzeitigen Lücken in der Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien lassen sich effektiver durch Speicher, Vernetzung oder Gasturbinenkraftwerke decken, die schnell, flexibel, und wesentlich günstiger Energie liefern können. Der Beitrag von nuklearer Energiegewinnung für den nötigen und zügigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern erscheint auch deswegen stark begrenzt.
Nie ohne Folgen
Der Energieverbrauch der Menschheit hat bereits planetare Auswirkungen angenommen, und so hat die Energienutzung Auswirkungen auf die Erde („Globale Klimaentwicklung“ auf Seite 120). Aber auch die Nutzung von erneuerbarer Energie ist nicht ohne Folgen. Wenn Solarpaneelen auf ehemaligen Ackerflächen stehen, bedecken sie den Erdboden und verändern die Verdunstungseigenschaften der Landoberfläche. Windturbinen entziehen der Atmosphäre die Energie des Windes, wodurch dieser geschwächt wird. Dieser Effekt spielt beispielsweise bei dem zukünftigen Ausbau der Offshore-Windenergienutzung in der Deutschen Bucht eine bedeutsame Rolle. Bei einem Ausbau der Offshore-Windenergie auf 70 GW Leistung in der Deutschen Bucht wird z. B. erwartet, dass der mittlere Ertrag um mehr als 30% reduziert ist.
Auch thermische Kraftwerke haben Auswirkungen auf das System: Sie benötigen viel Wasser für die Kühlung. Die Kohlekraftwerke in der Lausitz entziehen gewaltige Mengen an Grundwasser in einer Region Deutschlands, die sowieso schon durch Trockenheit geprägt ist. Mit dem Klimawandel werden Kontinente noch trockener, und damit führen Flüsse weniger Wasser. Dies kann die Verfügbarkeit von Kühlwasser einschränken. So mussten aufgrund von Kühlwassermangel im Sommer 2022 in Frankreich bereits mehrere Kernkraftwerke heruntergefahren werden.
Die Energiewende muss als Gesamtsystem gestaltet werden, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. Auch hierzu kann die Physik mit einem Systemansatz und Einordnung von Größenordnungen Beiträge liefern.
Erneuerbare Energien
Die kontinuierliche Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge Energie ist die Grundlage unserer Zivilisation und Motor unserer technisierten Welt. Energie kann erzeugt werden. Vielmehr muss verfügbare Energie in technisch verwertbare Formen umgewandelt werden. Die wichtigste und kontinuierlich verfügbare Energieform ist der ständige Zustrom an Sonnenenergie mit einer mittleren Leistung von 342 Watt pro Quadratmeter der Erdoberfläche. Die am effizientesten, direktesten und umweltschonendsten nutzbare Energieform ist die elektrische Energie. Entsprechend ist die Umwandlung von Sonnenenergie in Strom die direkteste Methode, Energie nachhaltig bereitzustellen. Doch auch in Wind- und Wasserkraft steckt Solarenergie, da diese die Bewegungen der Atmosphäre und des Ozeans antreibt. Wind- und Wasserkraft zählen daher ebenfalls zu den erneuerbaren Energien. Klimaneutral und nachhaltig ist außerdem die Elektroenergie aus der Rückverstromung von Wasserstoff oder Methan, die durch ein Elektrolyse genanntes Verfahren mit erneuerbaren Energien erzeugt wurden, ebenso wie Biogas.
Die Energiewende erfordert eine gewaltige, nachhaltige Modernisierung unseres Energiesystems und muss als Gesamtpaket gestaltet werden, das drei wesentliche Anforderungen erfüllt. Erstens müssen in allen technischen Bereichen auf Verbrennung basierende Technologien auf elektrische Energie oder elektrochemisch erzeugte Rohstoffe umgestellt werden. Zweitens braucht es eine Infrastruktur für klimaneutrale und nachhaltige Energieerzeugung, ihre Verteilung über intelligente Stromnetze sowie die Speicherung (Seite 267). Und drittens muss all dies auf der Basis der verfügbaren Technologien innerhalb der kommenden beiden Jahrzehnte realisiert werden.