Als Robert Hooke 1665 die rechteckigen Kompartimente von Kork unter einem selbstgebauten Mikroskop entdeckte, nannte er sie Zellen, weil sie ihn an die Mönchszellen im Kloster erinnerten. Zur gleichen Zeit konnte Antoni van Leeuwenhoek zum ersten Mal Bakterien und rote Blutkörperchen mit einem Lichtmikroskop sehen. Im 19. Jahrhundert identifizierten Robert Koch und Louis Pasteur mit dem optischen Mikroskop die Bakterien, die Tuberkulose und Cholera auslösen. Seither ist die Mikroskopie aus der biomedizinischen Forschung nicht mehr wegzudenken.
Unsere Körperzellen sind typischerweise zehn bis 50 Mikrometer (0,01–0,05 mm) groß. Ein rotes Blutkörperchen bringt es nur auf acht Mikrometer, und das Darmbakterium E. Coli auf vier. Das kann man mit Lichtmikroskopen zwar gut auflösen, aber bei den molekularen Details, die für die Zellen wichtig sind, stoßen diese Mikroskope an ihre Grenzen, denn die Auflösung ist aufgrund der Beugung begrenzt: An Hindernissen werden die elektromagnetischen Wellen des Lichts abgelenkt. Stehen Strukturen näher zusammen als die halbe Wellenlänge des zur Beobachtung verwendeten Lichts, so breitet sich dies in den Raum dahinter aus und die Strukturen verschwimmen. Bei sichtbarem Licht mit einer Wellenlänge von 500 Nanometern liegt die Auflösungsgrenze demnach bei 250 Nanometern – das sind 0,25 Mikrometer.
Viele interessante Strukturen sind jedoch kleiner: Moleküle kommen nur auf wenige Nanometer Länge und sind demnach unter dem Lichtmikroskop nicht erkennbar. Auch Viren mit einer Größe von um die 100 Nanometer können erst seit den 1930er-Jahren mithilfe der Elektronenmikroskopie abgebildet werden. Dafür muss das Untersuchungsobjekt allerdings manipuliert werden: Wasser wird entfernt und durch Kunststoff ersetzt. Erst die in den 1980er-Jahren entwickelte Kryoelektronenmikroskopie erlaubte durch schnelles Einfrieren, solch winzige Proben im natürlichen Zustand zu untersuchen. Heute liegt die Auflösung von Elektronenmikroskopen aufgrund der sehr kleinen Wellenlänge der beschleunigten Elektronen im Bereich von zehntel Nanometern. So können inzwischen einzelne Atome und sogar die darin vorhandenen Elektronenzustände, die Atomorbitale, sichtbar gemacht werden („Einblicke in die Welt der Proteine“ auf Seite 133).
Fluoreszenzmikroskopie: Jenseits der Auflösungsgrenze
Für lange Zeit dachte man, dass die Auflösungsgrenze der optischen Mikroskopie in jedem Fall bei der halben Wellenlänge des sichtbaren Lichtes liegt. Doch mit trickreichen Weiterentwicklungen ist diese Grenze überwindbar – etwa dank des Einsatzes von fluoreszierenden Molekülen. Diese können Licht einer bestimmten Wellenlänge (Farbe) aufnehmen und anschließend Licht geringerer Energie, d.h. mit einer etwas größeren Wellenlänge, abstrahlen.


Für diese Einsicht und den Bau entsprechender Mikroskope bekamen die Amerikaner William E. Moerner und Eric Betzig sowie der deutsche Physiker Stefan W. Hell 2014 den Chemie-Nobelpreis für Superresolution-Mikroskopie: Moerner für die Detektion einzelner fluoreszierender Moleküle, Betzig für eine Methode, bei der fluoreszierende Proteine zufällig angeschaltet wurden, und Hell für eine Methode, die diese mithilfe eines Quanteneffekts deterministisch ausschaltet. Diese Superresolution-Mikroskopie-Methoden werden stetig weiter verbessert und sind jetzt schon den Bereich molekularer Auflösung vorgedrungen.
Für jede Fragestellung ein passendes Mikroskop
Neben Elektronenmikroskopie und Superresolution-Mikroskopie können Lebenswissenschaftler:innen sich aber noch weitere Methoden aus der Physik zunutze machen. Verschiedenste physikalische Prinzipien erlauben in bestimmten Situationen hohe Auflösungen zu erzeugen. Ein Beispiel dafür ist die Rasterkraftmikroskopie. Während eine Probe der harten kondensierten Materie oft im Vakuum abgetastet wird, muss dies bei biologischen Proben im Wasser geschehen. Damit lässt sich nicht nur ein Höhenprofil der Probe erzeugen, sondern gleichzeitig lassen sich auch ihre mechanischen Eigenschaften, zum Beispiel ihre Steifigkeit, vermessen, was beispielsweise Hinweise auf Funktionsstörungen einer Zelle geben kann.
Viele der beschriebenen Mikroskope funktionieren am besten in zwei Dimensionen, also für Oberflächen oder sehr flache Zellen. Biologische Systeme sind aber immer dreidimensional. Auch hier gibt es entsprechende Entwicklungen: etwa das Konfokalmikroskop, mit dem man eine dreidimensionale Probe Punkt für Punkt und dann Ebene für Ebene abtastet, oder das Lichtscheibenmikroskop, mit dem gleich zweidimensionale Schnitte abgebildet werden. Und auch die Elektronenmikroskopie lässt sich für drei Dimensionen verwenden, indem man die Probe in viele dünne Schichten zerschneidet.
Quo vadis, Mikroskopie?

Angesichts der rasanten und extrem erfolgreichen Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte ist es schwierig vorherzusagen, ob diese in nächster Zeit zu einem Stillstand kommen oder ungebremst weitergehen wird. Bis vor einigen Jahren dachte man, dass optische Mikroskopie durch die Beugungsgrenze des sichtbaren Lichts limitiert ist, dass sich beim Einfrieren von biologischer Materie immer zerstörerische Eiskristalle bilden und dass man für die Lokalisation von Biomolekülen eine große Anzahl von Photonen benötigt. All das gilt heute nicht mehr, denn durch die Entwicklung neuer physikalischer Verfahren konnten diese Einschränkungen überwunden werden. Die derzeitig größte Herausforderung ist die Abbildung der molekularen Vorgänge in lebenden Zellen und über einen längeren Zeitraum, weil diese nur geringe Lichtmengen vertragen. Angesichts der Kreativität und Innovationsfreude in diesem Bereich ist aber auch hier davon auszugehen, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft fast alle derartigen Prozesse abbilden und damit eine vollständige physikalische Beschreibung des Systems Leben erreichen können.