Schon vor über einem halben Jahrhundert hatte der Geochemiker Roger Revelle zusammen mit seinem Kollegen Hans Suess die ungeheure Dimension der menschlichen Klimabeeinflussung beschrieben, indem er von einem „großangelegten geophysikalischen Experiment“ gesprochen hatte, das die Menschen anstellten. Er bezog sich dabei auf die menschengemachten Einträge von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Dieses Treibhausgas reichert sich in der Luft an, wie die beiden Autoren vorhergesehen hatten, und seine Konzentration in der Atmosphäre ist heute so hoch wie seit Jahrmillionen nicht. Auch der Gehalt weiterer langlebiger Treibhausgase wie Methan und Lachgas ist stark angestiegen. Dass Treibhausgase die Erdoberfläche erwärmen, ist seit weit über 100 Jahren bekannt. Den größten Anteil an der globalen Erwärmung hat das CO2. Es verweilt – einmal freigelassen – über Jahrhunderte und länger in der Atmosphäre, weswegen es sich um den Erdball verteilen kann. Daher ist der Ort der Emissionen global gesehen irrelevant. So gibt es in den Polarregionen zwar so gut wie keine anthropogenen CO2-Emissionen, trotzdem schmelzen dort die Eismassen.
Die Datenlage
Der atmosphärische CO2-Gehalt erreicht Jahr für Jahr neue Höchstwerte. Selbst während der Coronapandemie 2020 stieg er weiter an, obwohl die weltweiten Emissionen um etwa sieben Prozent gesunken waren, der stärkste Rückgang seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Parallel zum CO2-Anstieg hat sich die Erdoberfläche erwärmt – seit Beginn der Industrialisierung um deutlich mehr als ein Grad Celsius im globalen Durchschnitt.
Die beobachtete rasante Erwärmung ist seit Jahrtausenden beispiellos und lässt sich ohne den Einfluss der menschengemachten Treibhausgase nicht erklären. „Der menschliche Einfluss auf das Klima ist klar“: So lautet der Kernsatz aus dem vorletzten (fünften), 2014 veröffentlichten Synthesebericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). Der globale Temperaturanstieg an der Erdoberfläche zwischen einer Eiszeit und einer Warmzeit (wie dem Holozän seit 11 700 Jahren) betrug während der letzten Jahrhunderttausende ungefähr 4 °C. Im Moment ist die Welt auf einem Kurs zu ungefähr weiteren 3 °C Erwärmung. Menschen haben eine Erwärmung in diesem Ausmaß und dieser Geschwindigkeit noch nicht erlebt.
Auf der 21. Weltklimakonferenz 2015 in Paris hatten sich die Länder darauf verständigt, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit (1850–1900) zu begrenzen, besser auf 1,5 °C. Man hofft, dass sich dann das Überschreiten von Kipppunkten vermeiden lässt. Solche sind beispielsweise das unwiderrufliche Abschmelzen des grönländischen Eisschilds mit einem Meeresspiegelanstieg von global sieben Metern, drastische Veränderungen in den atmosphärischen und ozeanischen Zirkulationssystemen oder auch tiefgreifende Umstellungen von Ökosystemen. Wann solche Kipppunkte erreicht werden, ist allerdings großen Unsicherheiten unterworfen: Wir wissen nicht, wie viel Erwärmung das Klimasystem verträgt. Aus diesem Grund ist immer die geringste noch mögliche Erwärmung anzustreben. Sollten die weltweiten CO2-Emissionen auf dem heutigen Niveau verharren, wäre die 1,5-Grad-Marke schon in wenigen Jahren gerissen (oder ist es vielleicht schon mit Erscheinen dieser Publikation), die 2-Grad-Marke gegen Mitte des Jahrhunderts. 2023 betrug die durchschnittliche Erwärmung an der Erdoberfläche bereits 1,48 °C. Die Welt wird die Pariser Klimaziele verfehlen, falls sie es nicht schaffen sollte, die Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren in einem erheblichen Umfang zu senken.
Die Auswirkungen der globalen Erwärmung
Die globale Erwärmung hat bereits vielfältige Auswirkungen. So werden Wetterextreme wie Hitzewellen, Dürren oder Starkniederschläge weltweit häufiger und intensiver. Die Gebirgsgletscher ziehen sich in allen Regionen mit zunehmender Geschwindigkeit zurück. In der Arktis schwindet das Meereis mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit: Die Eisausdehnung im September, dem Monat des arktischen Meereisminimums, zeigte zwischen 1979 und 2023 einen Rückgang von rund 12 Prozent pro Jahrzehnt. Die Fläche des Meereises in der Antarktis erreichte im September 2023 ein Rekordtief.
Zudem verlieren die Eisschilde in der Arktis und Antarktis an Masse, wobei der Eismassenverlust auf Grönland derzeit ungefähr doppelt so groß ist wie in der Antarktis. Eine Schlüsselrolle für den Eismassenverlust spielt die Erwärmung der Ozeane: Der Anstieg der Meerestemperaturen führt dazu, dass die schwimmenden Gletscherausläufer, die Schelfeise, abschmelzen. Die Schelfeise sind wichtig für die Regulierung der Eismenge, die in den Ozean abgegeben wird, da sie wie riesige gefrorene Staudämme wirken. Schmelzen diese Barrieren dahin, rutschen die dahinter liegenden Eismassen zügig ins Meer.
Die Meeresspiegel steigen infolge der Schmelze des kontinentalen Eises, aber auch aufgrund der Erwärmung der Ozeane, durch die sich das Meerwasser ausdehnt. Da dies aufgrund der Trägheit des Klimasystems zeitverzögert erfolgt, ist zu erwarten, dass sich der Meeresspiegelanstieg in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten erheblich beschleunigen wird. Der Anstieg hat sich seit Beginn der Satellitenmessungen 1993 schon mehr als verdoppelt und betrug während der zurückliegenden Dekade ungefähr 4,7 Millimeter pro Jahr.

Die Meere haben bisher mehr als 90 Prozent der Wärme aufgenommen, die durch den Anstieg der atmosphärischen Treibhausgase im Klimasystem verblieben ist. Außerdem haben die Ozeane zwischen 30 und 40 Prozent des durch die Menschen emittierten CO2 aufgenommen. Es droht eine übermäßige Versauerung der Weltmeere, weil sich das Meerwasser mit dem CO2 zu Kohlensäure verbindet. Seit Beginn der Industrialisierung ist der pH-Wert des Meerwassers im Schnitt um 0,1 Einheiten zurückgegangen. Sowohl die Meereserwärmung als auch die Meeresversauerung könnten unabsehbare Folgen für die Meeresökosysteme haben. So ist es in den vergangenen Jahren in den Tropen gehäuft zur der Korallenbleiche gekommen. Es steht zu befürchten, dass bei einer globalen Erwärmung von 2 °C die allermeisten tropischen Korallen sterben würden, was verheerende Folgen für die marine Artenvielfalt hätte.
Wohin steuert die Welt?
Einen Mangel an Wissen über die Ursachen des Klimawandels und seine möglichen Folgen gibt es in keiner Weise. Dazu hat insbesondere der 1988 von der Staatengemeinschaft ins Leben gerufene Weltklimarat IPCC beigetragen. Der Erdgipfel der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Jahr 1992 sollte der Aufbruch in eine nachhaltige Entwicklung der Welt sein, wie er schon zwanzig Jahre zuvor auf der ersten Weltumweltkonferenz in Stockholm gefordert worden war. Die Kehrtwende in eine Zukunft ohne den Raubbau an der Natur war gewissermaßen eine Antwort auf den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome aus dem Jahr 1972. In der Klimarahmenkonvention von Rio de Janeiro hatte sich die Weltgemeinschaft darauf geeinigt „… die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.“
Zwanzig Jahre später auf der Nachfolgekonferenz Rio+20 im Jahr 2012 war die Ernüchterung groß, denn es passierte genau das Gegenteil von dem, was hätte passieren müssen. So sind seit Beginn der 1990er-Jahre die weltweiten Treibhausgasemissionen förmlich explodiert. Der weltweite CO2-Ausstoß ist um etwa 60 Prozent angestiegen und erreicht Jahr für Jahr einen historischen Höchststand. Physikalisch wäre es noch möglich, die globale Erwärmung auf unter 2 °C zu begrenzen. Zehntausende Politiker:innen, Wissenschaftler:innen, Wirtschaftsvertreter:innen und Mitglieder der Zivilgesellschaft eilen jedes Jahr zu den Weltklimakonferenzen. Auf der 28. Weltklimakonferenz in Dubai im Jahr 2023 konnte man sich aber erneut nur auf unverbindliche Absichtserklärungen verständigen. Doch mit Naturgesetzen kann man nicht verhandeln und auch keine Kompromisse schließen: Mehr Treibhausgase in der Luft führen zwangsläufig zu höheren Temperaturen an der Erdoberfläche.

Wir leben in einer Zeit beschleunigter technologischer und gesellschaftlicher Entwicklung sowie einer zunehmenden globalen Vernetzung in Wirtschaft, Kommunikation, Politik und Kultur. Einfache Ursache-Wirkungs-Prinzipien gelten nicht mehr: Ein als harmlos eingeschätztes Ereignis kann selbst über große Entfernungen oder nach einer langen Zeit ungeahnte Schäden entfalten, die die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems gefährden. Ein Beispiel dafür ist das Ozonloch über der Antarktis, das Anfang der 1980er-Jahre entdeckt worden war (siehe auch „Der Kampf gegen das Ozonloch – eine Erfolgsgeschichte“ auf Seite 275). Keine Forschung hatte es vorhergesagt, obwohl die ozonzerstörerische Wirkung der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) schon lange bekannt gewesen war. Ein weiteres Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die letzte große Finanzkrise 2008, die – ausgelöst durch die Immobilienblase in den USA – zu einer weltweiten Rezession geführt hatte. Und auch die Coronapandemie hatte harmlos begonnen, und ihre Auswirkungen wurden lange unterschätzt. Genauso wenig kann die Wissenschaft die Folgen einer ungebremsten globalen Erwärmung in allen Details berechnen. Denn solche systemischen Risiken sind durch ein hohes Maß an Komplexität, Ungewissheit und Mehrdeutigkeit gekennzeichnet. Im Umgang damit kommt dem Vorsorgeprinzip eine große Bedeutung zu. Dieses Prinzip in praktische Maßnahmen umzusetzen, wäre die Aufgabe der Politik, an der sie bisher gescheitert ist.
Lösungen und Scheinlösungen
Wenn wir ein Problem mit dem CO2 haben – und darüber besteht in der Wissenschaft kein Zweifel –, sollten wir es nicht in die Atmosphäre emittieren. Wir sollten uns nicht dazu verleiten lassen, unsichere Pfade zu beschreiten. So ist Atomkraft keine nachhaltige Energieversorgung, und das Festhalten an ihr bremst die Innovation. Auch technische Lösungen zur Bewältigung des Klimaproblems („Climate Engineering“, Seite 271) scheinen vordergründig attraktiv zu sein, würden sie doch ein „Weiter so“ erlauben. Die vorgeschlagenen Techniken – etwa das Einbringen von Schwefelsubstanzen in die Atmosphäre zur Kühlung des Planeten – sind jedoch nicht nur teuer, sondern bergen auch enorme ökologische Risiken. Sie müssten über Jahrhunderte, vielleicht sogar Jahrtausende, fortgesetzt werden. Denn weil die Treibhausgase immer noch vorhanden wären, würde sich die Erde bei dem Stopp der Maßnahme erneut erwärmen. Auch die Abscheidung und Speicherung von CO2 („Carbon Capture and Storage“, CCS) birgt ökologische Risiken, die nicht hinreichend erforscht sind, und ließe den Wirkungsgrad der Kraftwerke sinken. Außerdem ist völlig unklar, ob man mit der Methode ausreichend große Mengen CO2 speichern könnte, um die globale Erwärmung nennenswert zu begrenzen.
Wir müssen die weltweiten Energiesysteme umbauen: Sonnen- und Windenergie sowie Erdwärme stehen der Menschheit praktisch unbegrenzt zur Verfügung. Dieser Weg ist nicht nur der vernünftige, sondern auch der sicherste. Die Techniken zur Nutzung der erneuerbaren Energien funktionieren problemlos, sind kostengünstig und können systematisch weiterentwickelt werden. Die volkswirtschaftlichen Kosten sind eher gering, wenn man einen Zeithorizont von einigen Jahrzehnten betrachtet. (Siehe dazu auch „Die große Transforma-tion“ auf Seite 265)
Das Klimaproblem kann nur von der Staatengemeinschaft gemeinsam gelöst werden. National ist das Klima nicht zu schützen. Internationale Zusammenarbeit ist allerdings auf dem Rückzug, was eine denkbar schlechte Voraussetzung für die Begrenzung des Klimawandels ist. Die Zeit läuft uns davon, es besteht ein dringender Handlungsbedarf. Noch ist es aber nicht zu spät, um eine Klimakatastrophe zu verhindern.