In diesem kosmischen Umfeld ist der Erdkörper ein dynamisches System, das sich in extremem Zeitraffer betrachtet ständig wandelt. Das Erdinnere kühlt seit der Entstehung des Planeten ab. Schwere Elemente reichern sich kontinuierlich im Erdkern und leichtere an der Oberfläche an. Die durch diese Energie- und Stoffströme getriebene Dynamik erhält beispielsweise das Erdmagnetfeld, welches uns vor der (vornehmlich von der Sonne kommenden) Partikelstrahlung schützt (Seite 109). Sie führt außerdem zur Plattentektonik (Seite 103), aufgrund derer sich die Kontinente auf der Erdoberfläche bewegen. Erdbeben und Vulkanismus sind Konsequenzen dieser Bewegung, die das Leben der Menschen beeinflussen.
Der Lebensraum des Menschen an der Erdoberfläche – die Troposphäre – wird jedoch vornehmlich vom Energieaustausch mit der Sonne und dem Weltall geprägt (Seite 120). Während die langzeitliche Entwicklung des Sterns Sonne sich gut astrophysikalisch beschreiben und vorhersagen lässt, ist die Absorption von Sonnenlicht an der Erdoberfläche und die Abstrahlung von deren Wärme ins kalte Weltall stark von Details abhängig. Insbesondere die Atmosphäre (Seite 115), eine im Vergleich zum Erdradius sehr dünne Gashülle, die die Erde umgibt, beeinflusst die Energieströme zwischen der Erde und ihrer kosmischen Umgebung. Das beginnt schon beim blau-weiß marmorierten Erscheinungsbild der Erde. Es zeigt klar, dass das Vermögen der Erdoberfläche, Sonnenlicht zurückzustrahlen, zwischen den dunklen Ozeanen (die Sonnenlicht aufnehmen) und den hellen Wolken (die Sonnenlicht reflektieren) ganz unterschiedlich ausfällt.
Die Oberflächentemperatur der Erde wird durch die Strahlungseigenschaften der Atmosphäre im Mittel um etwa 33 Grad Celsius gegenüber dem atmosphärenlosen Mond erhöht. Erstaunlicherweise tragen dazu nicht die Hauptbestandteile Stickstoff und Sauerstoff bei, sondern überwiegend Spurengase wie Wasserdampf (Anteil in der Atmosphäre kleiner als ein Prozent), CO2 (ca. 0,04%) und Methan (ca. 0,0002%). Vor allem die Spurengase CO2 und Methan sind es, die durch menschliche Aktivitäten, wie die Verbrennung von Kohle, Erdgas und Erdöl, im Übermaß entstehen. Dadurch haben sich die Atmosphärenanteile dieser klimawirksamen Gase seit Beginn der Industrialisierung um über 50 Prozent erhöht. Die physikalisch unausweichliche Konsequenz, eine Erhöhung der Oberflächentemperatur, erleben wir im Laufe der letzten Jahrzehnte immer deutlicher (anthropogener Treibhauseffekt). Mittlerweile ist der Einfluss des Menschen auf die Erde so prägend, dass Geowissenschaftler:innen mitunter von einem komplett neuen Zeitalter sprechen: dem Anthropozän (Seite 118).
Dass unser „Raumschiff Erde“ ohne Gebrauchsanweisung kam, war kein großes Problem, solange es nur wenige Menschen gab. Heute bringen mehr als acht Milliarden Menschen in Verbindung mit einem ungebremsten Wirtschaftswachstum das System Erde an seine Grenzen und darüber hinaus. Diese Grenzen zu verstehen und zu beziffern sowie die Gefahren vorherzusagen, die aus der Verletzung dieser Grenzen entstehen, sind einige wenige der Aufgaben der Erdsystemwissenschaften.
Die Physik beschreibt die Randbedingungen, unter welchen sich das System Erde entwickelt und wie die verschiedenen Teilbereiche Energie, Impuls und Materie austauschen. Für eine bestmögliche Vorhersage der Entwicklung der lebenswichtigen Randbedingungen ist sie jedoch auf eine enge Interaktion mit der Biologie, aber auch zunehmend den Gesellschaftswissenschaften angewiesen.
Die gefrorenen Bereiche der Erdoberfäche heißen Kryosphäre (Seite 113). Sie befinden sich vornehmlich in Arktis und Antarktis, doch auch Inlandgletscher und Permafrostböden werden der Kryosphäre zugeordnet. Mit steigender Erdtemperatur ändert sich die Kryosphäre dramatisch, wenn immer größere Anteile von ihr dauerhauft über dem Gefrierpunkt bleiben. Das wiederum hat starke Rückkopplungseffekte auf das gesamte Erdsystem, da mit dem Auftauen Schmelzwasser- und CO2-Freisetzung (aus Gletschern bzw. Permafrost) und ein verringertes Rückstrahlvermögen der Oberfläche einhergehen.
Bisher betrifft die Erwärmung der Kryosphäre überwiegend die Arktis – die sich weltweit am stärksten erwärmt (arktische Verstärkung) bzw. Gletscher in mittleren Breiten, aber auch in der Antarktis gibt es deutliche Anzeichen einer Erwärmung.
Zur Untersuchung der Ursachen der arktischen Verstärkung gibt es große Forschungsprogramme, etwa MOSAiC (Seite 129) und der Transregio TR 172 „ArctiC Amplification: Climate Relevant Atmospheric and SurfaCe Processes, and Feedback Mechanisms (AC)3“.
Zudem birgt die Rückkopplung zwischen Meereis und Klima – über Rückstreuung der Sonneneinstrahlung und Behinderung der Ozeanzirkulation durch Süßwassereintrag – eine wesentliche Gefahr für Kippdynamiken (Seite 123) im Erdsystem.
Die Ozeane – oder besser der Ozean – ist das offensichtlich flächenmäßig größte Teilsystem der Erdoberfläche. Während er schon früh von Schiffen aus erforscht wurde, sind heute Tausende Messbojen unterwegs, die Temperatur, Salzgehalt und weitere Parameter im Ozean messen. Zudem messen eine Reihe von Satelliten kontinuierlich Temperatur, Salzgehalt und Wellenhöhe an der Ozeanoberfläche. Auch der Ozean ist eine wichtige Komponente des globalen Wandels (Seite 111).
Das Erdinnere (Seite 103) kann erforscht werden, obwohl es sich schon nur wenige Kilometer unter der Oberfläche dem direkten Zugang entzieht. Durch seismische Untersuchungen ist heute recht genau bekannt, woraus die Erde in ihren Tiefen besteht und wie dort Druck und Temperatur die Physik bestimmen. Ein Effekt des teilweise flüssigen Erdinnern ist das Erdmagnetfeld, das uns gemeinsam mit der Atmosphäre vor kosmischer Strahlung schützt (Seite 109).
Die Atmosphäre (Seite 115) ist das zweite große fluide System der Erde, sie erhält das Leben auf der Erde indem sie den größten Teil der Erdoberfläche am Einfrieren hindert (durch den natürlichen Treibhauseffekt), gefährliche Strahlung abschirmt (UV- und kosmische Strahlung) sowie für die Verteilung von Wasser und Sauerstoff sorgt.
