WISSEN
Das Kleinste und das Größte

Schwarze Löcher und Pulsare

In unserem Universum entstehen und vergehen Sterne – teils auf spektakuläre Art. Erst in einigen Billiarden Jahren wird dieser Prozess zum Erliegen kommen. Bis dahin formen die Sterne am Ende ihres Lebens exotische Objekte, die beeindruckend sind und auch Einblicke in die Extrembereiche der Physik erlauben.

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Zu den exotischsten Objekten im Universum gehören Neutronensterne und Schwarze Löcher: In ersteren werden der Zustand der Materie und die Gravitation ins Extreme getrieben. Dort treten die höchsten möglichen Dichten und Drücke auf. Und in Schwarzen Löchern gibt es so starke Gravitationsfelder, dass nichts mehr aus ihrem Bereich entweichen kann – nicht einmal Licht. Sterne mit einer Masse von weniger als dem rund Zehnfachen der Sonnenmasse entwickeln sich zu Weißen Zwergen, wenn ihr Vorrat an Brennstoff aufgebraucht ist. Sie verglühen dann langsam und werden zu Sternleichen. Dagegen entstehen Neutronensterne aus dem Kollaps großer, massereicher Sterne. Wenn zwei Neutronensterne miteinander verschmelzen oder besonders massereiche Sterne kollabieren, können Schwarze Löcher entstehen. Daneben gibt es auch supermassereiche Schwarze Löcher in Zentren von Galaxien.

Beobachtung Schwarzer Löcher

Schwarze Löcher werden durch die allgemeine Relativitätstheorie (ART) von Albert Einstein vorhergesagt und sind extrem kompakte Objekte, die sich durch ihre starke Anziehungskraft auszeichnen. Die Theorie beschreibt sie als Regionen, in denen die Gravitation so stark ist, dass nichts, was sich innerhalb eines bestimmten Radius – dem sogenannten Ereignishorizont – befindet, entkommen kann, nicht einmal Licht. Diese Objekte enthalten im Zentrum eine punktförmige Singularität, in der in einem gewissen Sinne die Masse konzentriert und die Raumzeit unendlich gekrümmt ist und letztendlich die Beschreibung der Physik zusammenbricht.

Die ART sagt präzise voraus, wie sich Sterne und Lichtstrahlen in der Nähe von Schwarzen Löchern bewegen. So gibt es etwa Bahnen, die sich auf einer Spirale auf das Schwarze Loch zubewegen, Bahnen, die das Schwarze Loch mehrfach umrunden und dann wieder ins Unendliche zurückkehren, und solche, die durch die Rotation des Schwarzen Lochs beeinflusst werden und ihre Bahnlage verändern.

Der Schwarzschildradius ist ein Maß für die Größe des Schwarzen Lochs. Licht, das den Schwarzschildradius nach innen passiert, wird unumkehrbar in die Singularität im Zentrum gelenkt. Der Schwarzschildradius für ein Schwarzes Loch mit der Masse der Sonne beträgt rund drei Kilometer.

Selbst Licht kann im Abstand von 1,5 Schwarzschildradien auf einer instabilen Kreisbahn um ein Schwarzes Loch zirkulieren, wodurch eine sogenannte Lichtsphäre entsteht. Eine Astronautin würde dort ihren eigenen Hinterkopf sehen. Diese komplexen, durch die ART berechenbaren Bahnen erlauben Rückschlüsse auf die physikalischen Bedingungen um Schwarze Löcher, auch wenn wir keine Informationen aus ihrem Innern bekommen.

Obwohl Schwarze Löcher nicht direkt nachweisbar sind, sprechen starke Belege für ihre Existenz. Theoretisch könnte es immer noch Objekte geben, die einen minimal größeren Radius als den Ereignishorizont haben, jedoch müsste es sich dabei um eine höchst exotische Materieform handeln, für die es bisher keinerlei Hinweise gibt.

Schwarze Löcher spielen eine zentrale Rolle in der Astrophysik. In den Zentren der meisten Galaxien finden sich supermassereiche Schwarze Löcher mit Millionen bis Milliarden Sonnenmassen. Solche Schwarzen Löcher besitzen gewaltige Anziehungskräfte, die zu gewaltigen Prozessen führen: In einem als Akkretion bezeichneten Prozess wird benachbartes Material auf einer Spiralbahn in Richtung des Schwarzen Lochs gezogen und dabei durch Reibung und andere Prozesse stark erhitzt. Es wird zum Plasma und setzt große Energiemengen in Form von Strahlung frei. Diese Strahlung erstreckt sich über das gesamte elektromagnetische Spektrum und zeigt oft auffällige, zeitlich veränderliche Leuchterscheinungen. Die gewaltigen Magnetfelder um Schwarze Löcher können das einfallende Plasma bündeln und es in Form von hochenergetischen Teilchenströmen, sogenannten Jets, mit enormen Geschwindigkeiten in den Weltraum schleudern.

In unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, konnten Astronomen im galaktischen Zentrum die Bewegung von Sternen beobachten, deren Bahnen auf ein supermassereiches Schwarzes Loch hindeuten. Die zentrale Region der Milchstraße beherbergt einen dichten, leuchtenden Sternhaufen sowie extrem heißes Gas. Durch die Nähe unseres galaktischen Zentrums im Vergleich zu den Kernen entfernter Galaxien lässt sich dieses supermassereiche Schwarze Loch besonders genau untersuchen. Da das Zentrum der Milchstraße von Staubpartikeln verdeckt ist, sind Beobachtungen im sichtbaren Licht jedoch nicht möglich. Langwelligeres Infrarot- oder Radiolicht sowie kurzwellige Röntgen- und Gammastrahlung können diesen Staub jedoch durchdringen, wodurch die Beobachtung der Bewegungen von Gas und Sternen in der Nähe des Zentrums möglich wird.

Bereits in den 1970er-Jahren deuteten Beobachtungen der Gasgeschwindigkeiten nahe der kompakten Radioquelle Sagittarius A* (Sgr A*) auf eine Masse von Millionen Sonnen hin. Spätere Messungen der Geschwindigkeit von Sternen in den 1990er-Jahren bestätigten diese Hypothese. Die Indizien, dass es sich bei dieser Massenkonzentration um ein Schwarzes Loch handelt, verdichteten sich durch immer bessere Beobachtungstechnologien in den frühen 2000er-Jahren. Durch den Einsatz von hochauflösenden Teleskopen wie dem Very Large Telescope (VLT) der ESO und dem Keck-Teleskop auf Hawaii konnten Astronomen 2002 beobachten, dass der Stern S2 eine stark elliptische Umlaufbahn um Sgr A* beschreibt. Diese Umlaufbahn führte den Stern auf etwa 1200 Schwarzschildradien an das Schwarze Loch heran. Bis 2010 konnten Astronomen zudem die Bahnen von etwa 20 weiteren Sternen in unmittelbarer Nähe von Sgr A* analysieren, die teils extrem nahe an das galaktische Zentrum herankommen.

Die Nähe und die Bewegungsmuster dieser Sterne schließen die Hypothese eines gewöhnlichen Sternhaufens aus, da ein solcher die beobachteten Effekte nicht hervorrufen würde. Weitere Fortschritte wurden 2016 und 2017 mithilfe interferometrischer Methoden erzielt, die eine Auflösung im Bereich von etwa drei Mikrobogensekunden erreichte.

Diese Bilder wurden zwischen März und Juli 2021 mit dem ­GRAVITY-Instrument am Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO aufgenommen. Sie zeigen Sterne in der Umgebung von Sgr A* (gelber Pfeil). Einer dieser Sterne – S29 – wurde beobachtet, als er sich dem Schwarzen Loch bis auf 13 Milliarden Kilometer näherte, was gerade einmal der 90-fachen Entfernung zwischen Sonne und Erde entspricht. Die Sterne in der Nähe von Sgr A* werden mit S1…Sx. Der * in Sgr A* kennzeichnet, dass es sich um eine Radioquelle handelt.

Die Arbeiten von Reinhard Genzel und von Andrea Ghez über die Vermessung der Sternbahnen nahe Sgr A* und dem Nachweis eines ultrakompakten Objekts im Zentrum unserer Milchstraße wurde 2020 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Die Messungen von Genzel und seiner Gruppe begannen Anfang der 1990er Jahre mit eigens dafür entwickelten Geräten, die an verschiedenen Teleskopen der Europäischen Südsternwarte (ESO) eingesetzt wurden. Nicht nur die Position, auch die Geschwindigkeit der Sterne konnte dabei zur Bestätigung der ART und der Existenz des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße beitragn.

Diese Messungen erlaubten eine noch präzisere Bestimmung der Masse und Entfernung des Schwarzen Lochs und ergaben, dass es rund 4,3 Millionen Sonnenmassen in 8280 Parsec Entfernung von uns besitzt. Die auf der Erde beobachtete Strahlung des Sterns S2 auf seiner hochelliptischen Bahn um Sgr A* zeigt eine gravitative Rotverschiebung und eine Laufzeitverzögerung, die auch in direkter Nähe zum Schwarzschild-Horizont die Gültigkeit der ART zeigen und somit die Existenz eines Schwarzen Lochs weiter bestätigen. Es wurden auch Materiewolken nachgewiesen, die Sgr A* in einem Abstand von 5 Schwarzschildradien umkreisen. Damit ist nachgewiesen, dass Sgr A* ein ultrakompaktes Objekt sein muss. Alle notwendigerweise extrem exotischen Modelle von ultrakompakten Objekten, die keine Schwarzen Löcher sind, stehen im Widerspruch zu den Beobachtungen.

Die Entwicklung des Event Horizon Telescope (EHT) markiert einen bedeutenden Fortschritt, da es 2019 gelang, das erste Bild des Schattens eines Schwarzen Lochs in der Galaxie M87 aufzunehmen. Die Größe und Form dieses Schattens stimmen mit den Vorhersagen der ART überein und bestätigen die Berechnungen zur Raumzeitkrümmung. Innerhalb der ART ist die Größe des Schattens proportional zur Masse des Schwarzen Lochs, was eine direkte Überprüfung der Theorie ermöglichte. Die Beobachtung der Schattenform erlaubt den Vergleich mit alternativen Gravitationstheorien, die abweichende Form und Größe des Schattens vorhersehen würden. Auch Sgr A* wurde vom EHT beobachtet und sein Schatten vermessen, dessen Größe mit den Messungen mittels GRAVITY kompatibel ist.

Eine frühe Modellvorhersage des Schattens des Schwarzen Lochs in Sgr A* (links) im Vergleich zu den von der Event Horizon Telescope Collaboration 2019 und 2022 veröffentlichten Bildern von M87* (Mitte) und Sgr A* (rechts).

In den kommenden Jahren soll das EHT durch eine erweiterte Anzahl an Teleskopen verbessert werden, darunter zusätzliche Stationen in Namibia, auf den Kanarischen Inseln und in den USA. Auch die europäische Forschung beteiligt sich mit Einrichtungen wie ALMA und dem NOEMA-Array in Frankreich. Mehr Teleskope, die gemeinsam eine größere Basislänge für die benutzte Methode der Radiointerferometrie und eine bessere Verteilung über die Erdkugel bieten, ermöglichen nicht nur schärfere Bilder, sondern auch eine genauere Analyse dynamischer Prozesse im Plasmaring um Schwarze Löcher. Durch die Aufnahme von Bildern in kurzen zeitlichen Abständen lassen sich Veränderungen in der Materiestruktur und der Energieverteilung um Schwarze Löcher besser verstehen.

Für das EHT sind mehrere Radioteleskope weltweit interferometrisch zusammengeschaltet. So entsteht ein ge­mein­sames Teleskop mit sehr großer Basislänge, was die benötigte höchste Win­kel­auf­lösung ermöglicht.

Darüber hinaus ermöglichen die Kombination von hochauflösenden Bildern im Submillimeterbereich und Beobachtungen mit dem GRAVITY+-Interferometer der ESO Einblicke in verschiedene Wellenlängenbereiche und Dynamiken. So wird es möglich, die Wechselwirkungen zwischen Plasmaströmen und Magnetfeldern um das Schwarze Loch im Detail zu untersuchen. Künftig könnte auch die Entdeckung eines Pulsars in der Nähe eines Schwarzen Lochs, etwa mit dem Square Kilometre Array (SKA), dazu beitragen, die ART in diesen Extremregionen zu testen. Pulsare bieten durch ihre mit ihrer Rotation präzise wiederkehrenden Strahlungsimpulsen eine Art kosmische Uhr und erlauben darüber hochgenaue Messungen ihrer Bewegungen.

In der fernen Zukunft könnten Radioteleskope im Weltraum die Abbildung Schwarzer Löcher, die Ausmessung des Schattens und die Beobachtung weiterer Ereignisse in ihrer Nähe weiter verbessern. Ein einzelnes Radioteleskop im Orbit wäre ein erster Schritt, langfristig ist jedoch der Einsatz von mehreren solchen Teleskopen in der Erdumlaufbahn geplant. Dies würde eine höhere Auflösung und Frequenzabdeckung ermöglichen, was für die Untersuchung von Jets und Plasmabewegungen um Schwarze Löcher entscheidend ist. Die nächsten Jahrzehnte versprechen, durch Fortschritte in der Teleskoptechnik ein vollständigeres Bild von Schwarzen Löchern und ihren Effekten auf das umliegende Universum zu gewinnen. Durch genauere Messungen des Drehimpulses und der Jets könnten die Fragen zur Struktur und Entstehung dieser kosmischen Objekte endgültig geklärt und das Verständnis der ART auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden.

In der Umgebung supermassereicher Schwarzer Löcher finden viele Prozesse statt, die zur Emission von Materie und Strahlung in unterschiedlichen Energiebereichen führen. Diese künstlerischen Darstellung zeigt sowohl den Schatten des Schwarzen Lochs im Zentrum als auch eine Akkretionsschreibe und einen gewaltigen Jet aufgeheizten Materials.

Gravitationswellen

Beim Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher werden intensive Gravitationswellen abgestrahlt – am stärksten unmittelbar vor dem Ende des Prozesses. Auf der Erde wurden im Jahr 2015 zum ersten Mal die daraus folgenden minimalen Verzerrungen der Raumzeit mit den beiden LIGO-Detektoren gemessen (blaue und orange Kurve).

Die Gravitationswellenastronomie erlaubt es seit 2015, kosmisches Rauschen durch Gravitationswellen zu „hören“ – eine völlig neue Art, Ereignisse im fernen Universum zu erfassen. Diese Wellen sind Schwingungen der Raumzeit, die entstehen, wenn extrem massereiche Objekte wie Schwarze Löcher oder Neutronensterne kollidieren und verschmelzen. Die ersten Beweise für die Existenz von Gravitationswellen gab es schon seit den 1980er-Jahren dank Messungen an Pulsaren. Direkt wurden Gravitationswellen auf der Erde erstmals von den Detektoren LIGO und Virgo beobachtet. Schon das erste Ereignis überraschte die Fachwelt: Zwei Schwarze Löcher, jeweils mit mehr als 30 Sonnenmassen, verschmolzen zu einem größeren Schwarzen Loch. Solche großen Massen waren für stellare Schwarze Löcher, also solche, die aus ausgebrannten Sternen entstehen, bis dahin unerwartet und warfen neue Fragen zur Entstehung dieser Objekte auf. Heute registrieren die Detektoren regelmäßig Gravitationswellen von Verschmelzungen Schwarzer Löcher mit bis zu 100 Sonnenmassen. Diese Schwarzen Löcher sind zwar sehr massereich, aber noch weit masseärmer als die supermassereichen Schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien. Auch die Kollisionen von Neutronensternen, die ebenfalls Gravitationswellen freisetzen, liefern entscheidende Informationen über die Entstehung schwerer Elemente wie Gold und Platin, die bei solchen Zusammenstößen erzeugt werden (siehe Seite 51).

Viele Technologien der Gravitationswellenforschung wurden in Deutschland entwickelt, insbesondere am GEO600-Detektor in Hannover. GEO600 war weltweit der erste, der mit gequetschtem Licht arbeitete, einer Technik, die die Empfindlichkeit der Messungen verbessert (siehe Seite 25). Diese Technologie wird inzwischen auch am Virgo-Observatorium eingesetzt und führt zu erhöhter Messgenauigkeit. Auch in der Laserentwicklung ist Deutschland führend: Hochleistungslasersysteme mit über 400 Watt, die für künftige Detektoren wie das europäische Einstein-Teleskop (ET) und den amerikanischen Cosmic Explorer (CE) benötigt werden, wurden hier entwickelt. Das ET, ein geplantes unterirdisches Observatorium in Europa, ist als Dreieck mit drei Kilometern Seitenlänge konzipiert und wird das erste Observatorium der dritten Generation sein. 2021 wurde das ET in den europäischen ESFRI-Fahrplan für Forschungsinfrastrukturen aufgenommen. Aktuell dient das 10-Meter-Prototyp-Interferometer in Hannover zur Weiterentwicklung der Technologie, um die Standardquantengrenze in einem wichtigen Frequenzbereich zu überschreiten und damit die Empfindlichkeit weiter zu steigern. Hier forscht man an kontinuierlichen, präzisen Messungen und der Kontrolle komplexer quantenphysikalischer Systeme.

Wie man mithilfe der Quantenphysik Laser verbessern kann, um mit ihnen dann Gravitationswellenastronomie zu betreiben, ist das Arbeitsfeld von Michèle Heurs. Im Video berichtet Sie über ihre Forschung, ihre Motivation und welche Herausforderungen das Feld birgt.

https://physik-erkenntnisse-perspektiven.de/heurs

Auch im Bereich der Interferometrie im Weltraum werden große Fortschritte erzielt. Ein im Weltraum positionierter Gravitationswellendetektor kann niederfrequente Signale erfassen, die durch supermassereiche Schwarze Löcher aus galaktischen Zentren und aus der Frühzeit des Universums stammen. Ein Meilenstein war die erfolgreiche LISA-Pathfinder-Mission, die zwischen 2015 und 2017 das Potenzial der geplanten LISA-Mission (Laser Interferometer Space Antenna) testete und deutlich mehr als die nötige Präzision im Sub-Millihertz-Bereich unter Beweis stellte.

LISA (Start in den 2030er-Jahren) wird aus drei Satelliten bestehen, die ein riesiges, im Weltraum positioniertes Interferometer mit einer Seitenlänge von 2,5 Millionen Kilometern bilden. Diese Mission, von Deutschland initiiert und von der ESA übernommen, wird es ermöglichen, die Verschmelzung supermassereicher Schwarzer Löcher überall im Universum zu beobachten. Durch die hohe Empfindlichkeit für niederfrequente Gravitationswellen kann LISA Informationen aus bisher unerreichten Bereichen des Universums liefern und die von Einstein vorhergesagte Raumzeitgeometrie mit nie dagewesener Genauigkeit bestätigen.

Der weitere Ausbau des Event Horizon Telescope und die geplanten Entwicklungen im Bereich der Gravitationswellenforschung werden es ermöglichen, die Physik extrem massereicher Objekte besser zu verstehen und die allgemeine Relativitätstheorie auch unter extremen Bedingungen weiter zu überprüfen. Die Kombination von hochauflösenden Beobachtungen und weltraumgestützter Interferometrie wird neue dynamische Einblicke in die Prozesse um Schwarze Löcher geben, wie etwa die Entstehung und Beschleunigung von Plasmaströmen (Jets) und die Wechselwirkungen mit ihrer Umgebung.

Mit den künftigen Missionen und Observatorien rückt die Vision einer umfassenden Gravitationswellenkarte des Universums näher. Wir könnten so Antworten auf einige der tiefsten Fragen finden: Wie entstanden die ersten Schwarzen Löcher? Gibt es Schwarze Löcher aus der Frühzeit des Universums, die die Galaxienbildung beeinflussten? Welchen Einfluss hatten sie auf die Entstehung schwerer Elemente? Die Gravitationswellenastronomie, von der erstmals Albert Einstein vor über 100 Jahren sprach, wird uns in den kommenden Jahrzehnten völlig neue Einblicke in das Leben und die Geschichte des Kosmos eröffnen. Hier helfen insbesondere auch die Pulsare, die ein Fenster des Gravitationswellenspektrum eröffnen, das anders nicht erschließbar ist.

Pulsare

Pulsare sind hoch magnetisierte, rotierende Neutronensterne, die intensive Radiostrahlung entlang ihrer Magnetfeldachsen aussenden. Sie sind in der Astrophysik von großem Interesse, da sie Einblicke in Zustände extremer Materiedichte geben. Die Dichte von Neutronensternen, den dichtesten Objekten im Universum, erreicht etwa 1017 kg/m3 und steigt zum Zentrum hin weiter an. Die präzise Beobachtung von Pulsaren ermöglicht es, Aussagen über die bisher unbekannte Zustandsgleichung von Materie bei solche Dichten zu machen. Von Beobachtungen untermauerte Untersuchungen zeigen, dass die Neutronensterne maximal etwas mehr als zwei Sonnenmassen schwer sein können und dabei einen Radius von höchstens zwölf Kilometern besitzen.

Künstlerische Darstellung eines Pulsars. Der Neutronenstern rotiert schnell um seine Achse, die nicht mit der Achse des Magnetfelds übereinstimmt. Dadurch kreisen die Jets und die damit verbundene Strahlung wie ein Leuchtturm um die Rotationsachse. Pulse in vielen Wellenlängenbereichen gelangen so zu uns, die den Objekten ihren Namen gegeben haben: aus dem englischen Begriff pulsating star (pulsierender Stern).

Mit dem Pulsar-Timing, einer Methode zur Messung der Ankunftszeiten der Pulse, können Wissenschaftler:innen die Rotation von Pulsaren genau verfolgen. Besonders junge Pulsare zeigen Unregelmäßigkeiten, die Hinweise auf den Zustand im Innern geben und darauf hinweisen, dass der Neutronenstern unter seiner harten Kruste einen flüssigen Kern besitzen könnte. Pulsare strahlen im Radiobereich mit außergewöhnlich hoher Kohärenz und oft starker Polarisation, was eine detaillierte Analyse der Magnetosphäre der Pulsare erlaubt. Die Magnetfelder von Pulsaren können mit Werten von 108 bis 1011 Tesla extrem stark sein – eine Größenordnung, die auf der Erde nicht erreicht werden kann. Diese starken Magnetfelder erzeugen in der Nähe der Magnetpole durch Paarbildung ein Plasma.

Beobachtungen zusammen mit Simulationen ergeben neue Einblicke in die Struktur der Magnetosphäre, die zur Emission der Strahlung der Pulsare beitragen. Neuere Studien haben auch gezeigt, wo die Strahlung im Gammabereich erzeugt wird. Bei der Beobachtung und Analyse von Pulsaren spielt der genaue Ursprung der Strahlung oft eine untergeordnete Rolle, während die genaue Messung der Ankunftszeit der einzelnen Pulse entscheidend ist. Besonders die stabilen Millisekundenpulsare sind als kosmische Uhren bekannt und können, was die Genauigkeit betrifft, fast mit Atomuhren konkurrieren. Diese Millisekundenpulsare sind oft Milliarden Jahre alt und durch die Akkretion von Masse von einem Begleitstern entstanden.

Die Verschiebung der Umlaufperiode im Doppelpulsar, hervorgerufen durch das Schrumpfen der Bahn aufgrund von Gravitationswellenabstrahlung. Die orange Linie ist die entsprechende Vorhersage der ART, die damit mit einer Genauigkeit von 1,3 ⋅ 10−4 (mit 95% Vertrauensintervall) bestätigt wird.

In Doppelsystemen, wo Pulsare und Weiße Zwerge oder andere Neutronensterne sich gegenseitig umkreisen, lassen sich genaue Messungen durchführen, um Theorien der Gravitation zu überprüfen. Die Beobachtung von Effekten wie der Präzession der Umlaufbahn und der Laufzeitverzögerung des Lichts durch die Gravitation bestätigt dabei bisher Einsteins Relativitätstheorie mit hoher Genauigkeit. Ein herausragendes Beispiel ist der Hulse-Taylor-Doppelpulsar, dessen Umlaufperiode sich durch den Energieverlust durch Abstrahlung von Gravitationswellen stetig verringert, und zwar genau in dem Maß, wie es die ART vorhersagt (Nobelpreis 1993). Heute erlauben Beobachtungen mit weiteren Systemen nicht nur Überprüfungen zur Gravitationswellenabstrahlung die 1000-mal präziser sind als die LIGO-Tests, sondern es können auch Aspekte der Gravitationsphysik untersucht werden, die anders nicht zugänglich sind (beispielsweise spezielle Effekte der Lichtausbreitung und das starke Äquivalenzprinzip in starken Gravitationsfeldern).

Pulsare können auch als Detektoren für Gravitationswellen dienen. Ein Netzwerk von Millisekundenpulsaren, das Pulsar Timing Array, bildet einen galaktischen Detektor für Gravitationswellen. Die Entfernung zwischen Erde und Pulsaren verändert sich periodisch durch Gravitationswellen, was die Ankunftszeiten der Pulse beeinflusst. Hierbei werden Gravitationswellenfrequenzen gemessen, die unterhalb derer von LISA liegen. Diese Methode führte kürzlich zum Nachweis eines Gravitationswellenhintergrunds, der vermutlich durch Verschmelzungen von Galaxien im frühen Universum entstand. Die Beobachtungen können als Beweise interpretiert werden, dass die oben beschriebenen supermassiven Schwarzen Löcher im Zentrum der Galaxien durch die Kollision von Galaxien entstanden sind.

Dank neuer, empfindlicher Teleskope wie dem Square Kilometre Array (SKA) wird die Pulsarforschung weiter voranschreiten. Das SKA wird den Nachweis und die Analyse von Pulsaren verbessern, was zur Entdeckung neuer Objekte führen wird. Mit bisher verfügbaren Teleskopen konnten nur rund 20% der Pulsaren in der Milchstraße erfasst werden, was darauf hinweist, dass es noch Tausende weitere, unentdeckte Pulsare gibt. Manche davon könnten sich in der Nähe von Schwarzen Löchern befinden und uns noch detailliertere Informationen über diese extremen Objekte liefern. So sind Pulsare wertvolle Instrumente zur Untersuchung fundamentaler physikalischer Theorien.

Gravitationslinsen

Nach der ART werden Lichtstrahlen in Gravitationsfeldern abgelenkt, was zu beobachtbaren Phänomenen führt, den Gravitationslinsen. So werden z. B. von Quasaren Mehrfachbilder gesehen, wenn eine zwischen uns und dem Quasar liegende Galaxie dessen Licht auf verschiedenen Wegen zu uns lenkt. Auch können Galaxien zu Bögen oder Ringen deformiert werden. Besonders wichtig ist der Gravitationslinseneffekt als Mittel zum Nachweis von Dunkler Materie mit zwei Verfahren. Erstens beobachtet man Galaxien, die von uns aus gesehen hinter einem Galaxienhaufen liegen, und berechnet aus der statistisch signifikanten Deformation dieser Galaxien die Flächendichte der gravitierenden Materie. Diese und andere Beobachtungen deuten darauf hin, dass ca. 85% der in Galaxienhaufen enthaltenen Materie dunkel ist. Zweitens beobachtet man sogenannte Mikrolinsenereignisse. Dabei geht ein Stern von uns aus gesehen hinter einer (dunklen) Masse, z. B. einem Braunen Zwerg, vorbei, wobei es durch die fokussierende Wirkung des Gravitationsfelds erst zu einem Anstieg und dann zu einem Abfall der Sternhelligkeit kommt. Aus der Häufigkeit dieser Ereignisse kann man berechnen, wieviel solcher dunklen Massen es in unserer Galaxis gibt.

Während diese Phänomene seit Jahrzehnten routinemäßig beobachtet werden, hat eine neue Art von Beobachtungen in der jüngeren Vergangenheit Schlagzeilen gemacht. Auf Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops aus dem Jahre 2016 sowie auf neueren Aufnahmen des James-Webb-Weltraumteleskops wurde die gleiche Supernova an mehreren Orten nacheinander beobachtet. Das wurde durch die unterschiedlichen Lichtwege der verschiedenen durch die Gravitationslinse entstandenen Mehrfachbilder möglich. Wenn das Modell des lichtablenkenden Galaxienhaufen richtig ist, wird ein weiteres Bild des Ereignisses um das Jahr 2035 auftauchen.

Karsten Danzmann, Reinhard Genzel, Heino Falcke und Michael Kramer