
Oft können wir Satelliten in den Abendstunden als sich bewegende Leuchtpunkte am Himmel sehen. Sie sind aus unserem Leben kaum mehr wegzudenken – sei es in der Telekommunikation, in der Navigation, für militärische Zwecke oder bei der Erdbeobachtung. Mit Sputnik 1 hatte die Sowjetunion im Jahr 1957 den ersten Satelliten ins All gebracht. Die Satelliten-Fernerkundung der Erde basierte zunächst auf Röhrenvideokameras (beginnend mit der LANDSAT-Serie ab 1972). Diese wurden dann durch Halbleitertsensoren abgelöst und um weitere Spektralbereiche ergänzt. Satelliten beobachten die Atmosphäre oder die Erdoberfläche global, etwa zur Wettervorhersage, um den Zustand der Ozonschicht oder die Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre zu überwachen. Dazu kommen die Beobachtung der sich ändernden Meeresoberflächentemperatur, des Salzgehalts, des Meeresspiegels, von Meereis, Gletschern und Schneebedeckung sowie der Verteilung des Phytoplanktons. Durch die Überwachung der Pflanzenblüte ermöglichen Satelliten der Land- und Forstwirtschaft, Erträge abzuschätzen, Krankheiten zu erkennen und den Boden zu analysieren. Weitere gesellschaftliche Dienstleistungen umfassen die Stadtplanung und Infrastrukturüberwachung sowie das Katastrophenmanagement, etwa bei Überschwemmungen oder Erdbeben.
Es gibt aktive und passive Satelliteninstrumente, d. h. entweder haben die Satelliten eine eigene Strahlungsquelle oder sie nutzen natürliche Strahlungsquellen wie die Sonne oder die Wärmestrahlung der Erdoberfläche oder Atmosphäre. Gleichfalls passiv sind Satelliteninstrumente, die das Gravitationsfeld der Erde vermessen, um z. B. den mittleren globalen Meeresspiegel, die Eisdicke von Gletschern oder den Grundwasserspiegel zu bestimmen.
Zu den aktiven Methoden zählen vor allem Instrumente für den Mikrowellenbereich, also Radare wie das Synthetische-Apertur-Radar (SAR) oder Lidar-Instrumente (z. B. Calipso oder Aeolus) für den sichtbaren und UV-Bereich. Bei einem SAR-Instrument wird die physikalische Antennengröße entsprechend der Eigenbewegung des Satelliten beim Überflug über dem zu untersuchenden Gebiet durch passend phasenverschoben ausgesandte Mikrowellenpulse um ein Vielfaches vergrößert. Damit lässt sich zum Beispiel die Oberflächenrauigkeit der Meeresoberfläche millimetergenau erfassen. Bei den Lidar-Methoden werden sehr kurze Laserpulse ausgesandt und deren Rückstreuung an Wolken- oder Staubteilchen oder Luftmolekülen erfasst. Dies ermöglicht die Bestimmung der Höhenprofile von Aerosolen und des Windfelds. Einige Instrumente untersuchen bereits Spurengase (z. B. O3, CO2 oder CH4) mit einer vertikalen Auflösung günstigstenfalls im Bereich von Metern.
Auf unterschiedlichen Bahnen
Erdbeobachtungssatelliten umkreisen – je nach Aufgabenstellung – die Erde auf verschiedenen Umlaufbahnen. Auf einer geostationären Bahn mit einer Umlaufzeit von genau einem Sterntag steht der Satellit konstant in einer Höhe von etwa 36 000 Kilometern über einem Ort am Äquator und ermöglicht damit die Beobachtung von Tagesverläufen (jedoch nicht an den Polen). Diese Satelliten liefern uns Wetterinformationen, z. B. Bilder und Filme über die Wolkenbedeckung. Allerdings sieht ein solcher Satellit jeweils nur etwa ein Drittel der Erdoberfläche oder weniger, sodass mindestens drei solcher Satelliten an unterschiedlichen Punkten notwendig sind, um die Erde abzudecken. Häufig kommen auch niedrige Umlaufbahnen, insbesondere polare Bahnen, in Höhen von 600 bis 1000 km zum Einsatz, deren Bahnebene wenige Grad gegen die Erdachse geneigt ist. Der Satellit sieht beide Pole und damit im Laufe eines Tages die ganze Erde. Bei geschickt gewählter Bahnneigung kann man erreichen, dass sich im Laufe eines Jahres die Bahnebene einmal um 360 Grad dreht, damit bleibt der Winkel zwischen Bahnebene und der Richtung zur Sonne konstant. Bei passender Bahnhöhe und damit Umlaufzeit (ca. 100 Minuten bei etwa 800 km Höhe) überquert der Satellit den Äquator dann stets zur gleichen lokalen Zeit (sonnensynchrone Bahn).
Die Satellitenfernerkundung der Erde hat unter anderem die Wetterbeobachtung und -vorhersage revolutioniert. Die heutigen – bis zu zwei Wochen in die Zukunft reichenden –Wettervorhersagen wären ohne Satelliteninstrumente in vielen Bereichen auf der Erde unmöglich. Wichtige frühe Satellitensysteme waren und sind teilweise bis heute die TIROS- und Nimbus- Serien ab 1960, NOAA-Serie ab 1970 (insgesamt 22 Satelliten auf niedrigen polaren Umlaufbahnen) und die GOES-Serie (ab 1975, 16 geostationäre Satelliten) der NASA.

Die europäische Satellitenkonfiguration Meteosat misst seit 1977 und heute in der dritten Generation Bewölkung, Temperatur und Wasserdampf. Sie umfasst insgesamt ein Dutzend geostationäre Satelliten. Auf polaren Bahnen befinden sich z. B. drei MetOp-Satelliten. Bald werden die Satelliten der dritten Generation von Meteosat und der zweiten Generation von MetOp in der Umlaufbahn sein. Diese werden von der EU, der ESA und EUMETSAT finanziert und werden von 2026 bis 2040 Messungen durchführen. Auch die NOAA und die NASA werden in diesem Zeitraum ihre Flotte an geostationären Satelliten erweitern.

Auf den Blickwinkel kommt es an
Satellitenbeobachtungen der Erdatmosphäre werden in unterschiedlichen Beobachtungsgeometrien durchgeführt. Bei der Nadir-Geometrie schaut das Instrument direkt nach unten auf die Erdoberfläche. Nadir-Messungen liefern meist nur Informationen über die Gesamtmenge von Spurenstoffen in der betrachteten Luftsäule. Im Falle der sogenannten Okkultationsmessungen beobachtet das Satelliteninstrument die Auf- bzw. Untergänge von Himmelskörpern – meist der Sonne, aber auch des Mondes oder von Sternen. Diese Messungen liefern meist sehr genaue Informationen über die vertikale Verteilung von Spurenstoffen oder Aerosolen. Allerdings sind diese Messungen nur bei ein oder zwei geografischen Breiten pro Tag möglich. Eine dritte Geometrie stellen die Limb-Streulicht-Messungen (auch Horizontsondierungsmessungen genannt) dar, bei denen die Sichtlinie des Instruments – ähnlich wie bei den Okkultationsmessungen – tangential durch die Atmosphäre verläuft. Im Gegensatz zu den Okkultationsmessungen wird aber nicht direkt z. B. die Sonne beobachtet, sondern in der Atmosphäre gestreutes Sonnenlicht gemessen. Damit sind Messungen auf der gesamten sonnenbeschienenen Erdhälfte möglich. Alternativ können in der Limb-Geometrie auch die von Spurenstoffen im Mikrowellenbereich oder im Infraroten emittierte Wärmestrahlung gemessen werden.
Ein zunehmend wichtiges Gebiet der Erdfernerkundung ist die Bestimmung der Zusammensetzung der Atmosphäre durch Satelliteninstrumente. Beginnend mit der Bestimmung der stratosphärischen Ozonverteilung wurden spektral immer hochauflösendere Instrumente entwickelt. Der Urahn der spektroskopischen Satelliteninstrumente ist das „Global Ozone Monitoring Experiment“ (GOME) mit mehr als 4000 Wellenlängenkanälen im UV- und sichtbaren Spektralbereich. Die GOME-Serie und ihre Nachfolgeinstrumente SCIAMACHY, OMI, Sentinel 5 Precursor/TROPOMI, Sentinel 4, Sentinel 5, EMI, GEMS und TEMPO ermöglichen neben der Messung von Gasen in der mittleren Atmosphäre auch die von Spurenstoffen in der unteren Atmosphäre wie Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid, Formaldehyd, Glyoxal, Halogenoxide und von Treibhausgasen wie Methan und Kohlendioxid sowie von Aerosolen.

Spurengasen auf der Spur
Im thermischen Infrarot (also bei Wellenlängen von vier bis 20 μm) gibt es Millionen von Spektrallinien, die bisher mehr als 30 Spurengasen zugeordnet werden. Messungen werden durch solare Absorption (Okkultationsmessungen) oder in Emission (Limb) durchgeführt. Die ersten Okkultationsmessungen wurden 1985 mit dem ATMOS-Instrument an Bord des Space Shuttles durchgeführt. Das MIPAS-Instrument zur Messung von Spurengasen an Bord des Satelliten ENVISAT hat zwischen 2002 und 2012 tangential durch die Atmosphäre geschaut und die Eigenemission der Atmosphäre vermessen, um Spurengase zu quantifizieren. Das kanadische Satelliteninstrument ACE vermisst seit 2004 die Zusammensetzung der Atmosphäre im thermischen Infrarot durch solare Absorption. Das IASI-Instrument hat von 2006 bis 2021 senkrecht (Nadir) auf die Erdoberfläche geschaut und deren Wärmestrahlung vermessen. Da diese auf dem Weg zum Satelliten durch die Atmosphäre modifiziert wird, stecken darin Informationen über deren Zusammensetzung – allerdings nicht in den unteren Höhenschichten, da dort Atmosphäre und Erdoberfläche eine ähnliche Temperatur besitzen und daher für das Satelliteninstrument nicht zu unterscheiden sind.

Beispiele für die heutige Leistungsfähigkeit von Satelliteninstrumenten sind die Messungen der globalen Verteilung von bodennahem Stickstoffdioxid oder von Formaldehyd und Glyoxal. Diese Gase sind aufgrund der verschiedenen Quellmechanismen sehr unterschiedlich verteilt. Diese – und weitere – Spurenstoffmessungen haben die Modellierung der globalen Luftchemie revolutioniert, da sie erlauben, die Modelle, die heute Millionen von Gitterpunkten umfassen, adäquat und nahezu in Echtzeit mit Millionen von Messdaten zu versorgen. Bei der Erfassung der Luftverschmutzung (Seite 261) in den verschiedenen Regionen der Welt lassen sich mithilfe von Satelliten nicht nur Trends erkennen, sondern beispielsweise sogar örtliche Gepflogenheiten wie der Ruhetag der dortigen Bevölkerung durch geringere Emissionen ausmachen. Andererseits gibt es viele Gase, insbesondere die Treibhausgase CO2, Methan und Lachgas, deren Konzentration aufgrund ihrer langen Lebensdauer räumlich und zeitlich nur geringe Schwankungen aufweist („Globale Klimaentwick-lung“ auf Seite 120), sodass es extrem genaue Messungen braucht, um zum Beispiel Aussagen über deren Quellen zu machen. Die zu erwartende Weiterentwicklung der Satelliteninstrumente wird zu genaueren Messungen, räumlich höherer Auflösung und der Erfassung weiterer Parameter führen.
Satellitenfernerkundung im Katastropheneinsatz
Ob bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 oder den Überschwemmungen in Valencia im Herbst 2024: Schon kurz nach den Ereignissen konnten detaillierte Satellitenbilder der betroffenen Regionen den Helfer:innen ein Bild der Lage vermitteln. Genutzt wurden hier die Ressourcen des europäischen Copernicus-Programms. Die beiden Sentinel-2-Satelliten umkreisen die Erde in sonnensynchronen Umlaufbahnen. Sie beobachten jeden Punkt der Erde alle fünf Tage (sofern keine Wolken die Sicht behindern) und können so besonders schnell Veränderungen im Landschaftsbild erkennen. Die Daten der Satelliten stehen öffentlich zur Verfügung.
In den Aufnahmen aus der Region Ahrtal vom 18. Juli 2021 sind die Folgen der Starkregenereignisse der Vortage deutlich zu sehen. Die mit „Affected areas“ bezeichneten Gebiete zeigen die braunen Schlammmassen, die zu erheblichen Zerstörungen an Gebäuden und Infrastruktur führten. 135 Personen in der Region verloren dabei ihr Leben.
Jens Kube