Im Grunde wurde die Computertomografie (CT) dreimal erfunden: Bereits 1917 entwickelte der österreichische Mathematiker Johan Radon mit der nach ihm benannten Transformation die mathematischen Grundlagen zur Berechnung von Schnittbildern aus Projektionsdaten.
In den 1960er-Jahren veröffentlichte der südafrikanische Physiker Allan M. Cormak zwei grundlegende Arbeiten zum Prinzip der Computertomografie. Da ihm Radons Veröffentlichung nicht bekannt war, entwickelte er dabei auch unabhängig Methoden zur Bildberechnung. Diese Arbeiten blieben weitgehend unbeachtet. Erst der dritte Anlauf führte in den frühen 1970er-Jahren zum Durchbruch: Der britische Ingenieur Sir Godfrey Hounsfield entwickelte den ersten funktionsfähigen CT-Scanner, den EMI Mark I. Auch Hounsfield kannte weder die Arbeiten von Radon noch die von Cormak und entwickelte deshalb eigene Methoden zur Bildberechnung.
Der EMI Mark I, der 1972 in Betrieb genommen wurde, erzeugte erstmals Querschnittsbilder des menschlichen Kopfes. Der Tomograf arbeitete auf Basis von Röntgenstrahlen, die den Körper aus verschiedenen Richtungen durchstrahlten und von Detektoren auf der gegenüberliegenden Seite aufgezeichnet wurden. Der Computer berechnete aus diesen multiplen Projektionsdaten detaillierte Schnittbilder. Die Erfindung war eine Sensation: Bereits 1979, also sieben Jahre nach dem ersten klinischen CT-Scan, erhielten Cormark und Hounsfield den Nobelpreis für Medizin.
Kontinuierliche Verbesserungen
Während der EMI Mark I noch fünf Minuten für zwei Schichten benötigte, kamen bereits 1975 Geräte auf den Markt, die dies in ca. 20 Sekunden schafften. Damit war auch der Sprung vom reinen Kopf-CT zum Ganzkörper-CT erfolgt. Fortschritte in der Computertechnologie und Bildverarbeitung in den 1980er- und 1990er-Jahren verkürzten die Scanzeiten weiter und ermöglichten eine verbesserte Bildqualität. CT-Scanner wurden zunehmend auch breit in der klinischen Praxis eingesetzt, insbesondere für die Diagnose von neurologischen Erkrankungen, Tumoren und Gefäßanomalien.
Es gab dabei aber ein Problem: Die beweglichen Komponenten waren über Kabel mit dem unbeweglichen Gehäuse verbunden. Dadurch musste man nach jeder untersuchten Schicht (also nach jeder Rotation) die Mechanik zurückstellen. Dies führte zu relativ langen Untersuchungszeiten und begrenzte die Auflösung entlang der Körperachse. Einen Durchbruch brachte die Einführung der Spiral-CT im Jahr 1989 durch den deutschen Physiker Willi A. Kalender. Sie führte zu deutlich schnelleren Untersuchungszeiten und einer verbesserten räumlichen Auflösung entlang der Körperachse. Gleichzeitig erweiterte der verstärkte Einsatz von Kontrastmitteln die diagnostische Aussagekraft der CT erheblich. Diese in der Regel auf Jod basierenden Kontrastmittel verteilen sich im Blut und schwächen dort die Röntgenstrahlung. So lassen sich größere Blutgefäße, aber auch verändert durchblutete Areale (wie z. B. nach einem Schlaganfall oder Tumore) im CT-Bild besser sichtbar machen.
In den 1990er-Jahren ermöglichte die Entwicklung von Festkörperdetektoren, mehrere Schichten gleichzeitig aufzunehmen. Diese Mehrschicht-CT (MSCT) führte zu einer weiteren Verbesserung der Bildqualität und kürzeren Untersuchungszeiten. Spätestens damit war der Zeitpunkt erreicht, zu dem die CT einen großen Teil der radiologischen Untersuchungen darstellte und von vielen als das „Arbeitspferd“ der Radiologie bezeichnet wurde.
Der Sprung ins 21. Jahrhundert
Mit dem Eintritt ins 21. Jahrhundert erlebte die CT eine weitere Phase von Innovationen. Technologietreiber war dabei lange die Herz-CT. Das Herz stellt mit seiner schnellen Bewegung und seinen kleinen Strukturen, insbesondere der Herzkranzgefäße, hohe Anforderungen an die Bildgebung. Dies führte zum einen dazu, dass immer schneller rotierende CT-Geräte auf den Markt kamen. Zum anderen wurden immer breitere Detektoren entwickelt, um das Herz mit nur einer Rotation abbilden zu können. Die beste zeitliche Auflösung liefern aktuell Dual-Source-Systeme: Dabei werden zwei Röntgenröhren und zwei Detektorsysteme um 90° versetzt in den rotierenden Teil des Computertomografen verbaut.
Die Verwendung zweier Röntgenröhren ermöglichte es auch, eine alte Anwendungsidee wiederzubeleben. Indem man bei einem Dual-Source-CT die Röntgenröhren bei unterschiedlichen Spannungen betreibt, erzeugt man unterschiedliche Röntgenspektren und ermöglicht damit ein sogenanntes Dual-Energy-CT, ohne die Untersuchung doppelt durchführen zu müssen. Da die im CT gemessenen Schwächungseigenschaften von Geweben und Kontrastmitteln abhängig von der verwendeten Röntgenenergie sind, erlaubt diese Technik eine bessere Unterscheidung von Geweben und Materialien, beispielsweise bei der Charakterisierung von Nierensteinen. Alternative Techniken zum Dual-Energy-CT sind das sogenannte Fast-KV-Switching, bei dem die Röhrenspannung in nur wenige Tausendstel Sekunden geändert wird, oder die Verwendung zweier gestapelter Detektoren.
Aktuell konzentriert sich die CT-Entwicklung vor allem auf die Detektoren. So hat die Firma Siemens im Jahr 2021 das erste CT mit Photon-Counting-Detektor herausgebracht, der jedes einzelne Photon zählt und dessen Energie grob bestimmt. Perspektivisch ermöglicht diese Technik zum Beispiel die Verwendung neuer Kontrastmittel. Der klinische Nutzen dieser Technik lässt sich noch nicht abschätzen, das Potenzial dürfte aber hoch sein.
Anwendungen und Herausforderungen
Die Computertomografie ermöglicht die detaillierte Untersuchung von Organen, Geweben und Knochen und spielt eine Schlüsselrolle bei der Diagnose von Schlaganfällen, Hirnverletzungen und Tumoren. CT-Scans werden zur Visualisierung der Herzkranzgefäße und zur Beurteilung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen genutzt. Sie sind unverzichtbar bei der Diagnose von Tumoren und der Planung entsprechender Therapien. Orthopädische Fragestellungen benötigen die detaillierte Darstellung von Knochenstrukturen, Gelenken und der Wirbelsäule.
Auch die Notfallmedizin profitiert von schnellen und präzisen CT-Scans, weshalb man heute in vielen Kliniken CT-Scanner in der Notaufnahme findet.
Im Zusammenspiel mit anderen bildgebenden Verfahren in der Nuklearmedizin (Seite 221) werden in Kombinationsgeräten (PET/CT und SPECT/CT) sowohl molekulare Bildgebung als auch anatomische Bildgebung zusammengeführt.
Die aktuelle Forschung zur CT widmet sich unter anderem der Reduzierung der Strahlenexposition bei CT-Untersuchungen. Neue Technologien sollen die Sicherheit für die Patient:innen verbessern– etwa Niedrigdosis-CT-Techniken, adaptive Dosisautomatiken und iterative Rekonstruktionsalgorithmen. Gleichzeitig sollen sie die Bildqualität trotz geringerer Strahlenexposition beibehalten oder sogar noch verbessern. Rekonstruktionsalgorithmen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, werden bereits von einigen Herstellern eingesetzt und zeigen erstaunliche Ergebnisse. Die Integration von Augmented Reality (AR) in die CT-Visualisierung könnte die chirurgische Planung und Durchführung weiter optimieren.
Die CT liefert viele Daten, welche in weitergehenden medizinischen KI-Anwendungen genutzt werden können. Daher ist der Datenschutz bei CT-Daten, wie auch bei allen anderen medizinischen Daten, ein Aspekt, der großer Aufmerksamkeit bedarf.