Präzise Messungen sind die Grundlage für zahllose technische Errungenschaften und wissenschaftliche Fortschritte von der Elementarteilchenphysik bis hin zur Astrophysik. Beispielsweise sind autonome Fahrzeuge ohne genaue Lagebestimmung durch Trägheitssensoren oder Satellitennavigation undenkbar. Ein gutes Beispiel aus der Forschung sind die jüngsten Erkenntnisse in der Gravitationswellenstronomie (Seite 64), die ohne die hochempfindlichen Gravitationswelleninterferometer nicht denkbar gewesen wären. Doch können Messungen immer genauer werden oder ist irgendwo Schluss? Und wie klein lassen sich Quantensensoren realisieren?
Gequetschtes Licht und gekühlte Atome
Optische Interferometer werden für die präzise Vermessung von Längenänderungen eingesetzt. Dabei wird ein Laserstrahl aufgespalten, durchläuft zwei verschiedene Strecken („Arme“) und wird am Ende dieser Strecken jeweils von einem Spiegel reflektiert. Die beiden zurücklaufenden Strahlen werden dann wieder zusammengeführt. Es ergibt sich ein typisches Überlagerungsmuster (Interferenz). Trifft eine Gravitationswelle auf ein solches Interferometer, so verändert sich die Länge eines Arms um den Bruchteil eines Atomkerndurchmessers gegenüber einem senkrecht dazu angebrachten zweiten Arm. Das Licht muss nun minimal unterschiedlich lange Strecken zurücklegen, was sich durch ein Flackern des Interferenzbilds bemerkbar macht. Die Präzision, mit der diese Intensitätsänderungen gemessen werden können, hängt besonders von der Stabilität der Intensität des Lasers ab. Dies ist eine fundamentale Eigenschaft des Quantenzustands des verwendeten Laserlichts. Die Präzision des Interferometers kann nur gesteigert werden, wenn man Lichtfelder benutzt, die bestimmte Quanteneigenschaften haben. Eine Möglichkeit ist es, sogenanntes gequetschtes Licht (Seite 25) zu benutzen. Bei diesem Lichtfeld gibt man etwas von der hohen Phasenstabilität des Laserfelds auf und verbessert damit die Intensitätsstabilität des Lasers. Aktuelle Gravitationswellendetektoren – konkret die Detektoren von LIGO in den USA – wurden schon mit dieser Art von Licht ausgestattet und so verbessert: Ihre Reichweite hat sich somit verdoppelt.
Eine andere Form von Interferometern wird für die Quantensensorik von Gravitationsfeldern benutzt, also in der Geodäsie (Seite 106). Die Vermessung des Gravitationsfeldes der Erde ist von erheblichem Interesse unter anderem für die Geo- und Erdwissenschaften und auch für die Kartografie. Um an einem Ort die Gravitationskraft zu ermitteln, nutzt man Gravimeter. Klassische Gravimeter vermessen die Fallzeit einer genau definierten Masse und schließen daraus auf die Erdbeschleunigung. Quantengravimeter nutzen für solche Fallexperimente gekühlte Atome, deren physikalisches Verhalten durch die quantenphysikalischen Welleneigenschaften der Atome dominiert werden. Teilt man, ähnlich wie in einem optischen Interferometer, die Atomwolke und lässt sie eine Interferometeranordnung durchlaufen, so kann das Interferenzmuster dazu genutzt werden, die auf die Atome wirkende Gravitationskraft präzise zu vermessen. Die Geräte sind mittlerweile transportabel und werden für die Erdbebenvorhersage und den lokalen Nachweis von Bodenschätzen eingesetzt.
Hochgenaue Magnetfeldmessung
Hochgenaue Messungen von selbst schwachen Magnetfeldern lassen sich mit supraleitenden Quanteninterferometern (Superconducting Quantum Interference Devices, SQUIDs) realisieren. Sie finden schon seit einigen Jahrzehnten Anwendung in der medizinischen Messtechnik. SQUIDs basieren ebenfalls auf einem Interferometerprinzip. Allerdings nutzt man hier kein Licht und auch keine atomaren Materiewellen, sondern Elektronenpaare. In einem Supraleiter schließen sich Elektronen zu sogenannten Cooper-Paaren zusammen. Diese Paare haben völlig andere quantenphysikalische Eigenschaften als einzelne Elektronen und sind viel unempfindlicher gegenüber Störungen, weshalb sie die widerstandsfreie Leitung im Supraleiter ermöglichen.
Ein SQUID besteht aus zwei Supraleitern, die zusammen einen Ring bilden und jeweils durch eine normalleitende Lücke getrennt sind. Die Cooper-Paare können durch diese Lücke hindurchtunneln. Dabei kommt es zu Interferenz, und zwar abhängig vom Magnetfeld.

Auch mit atomaren Gasen, z. B. Rubidium, lassen sich Magnetfelder mit vergleichbarer Empfindlichkeit nachweisen – und das, ohne dass eine Kühlung des Gases notwendig ist. Die Quantensensoren weisen äußere Magnetfelder durch deren Wechselwirkung mit den Elektronenspins der Gasatome nach. Diese zeigen, wenn sie in ein Magnetfeld gebracht werden, eine für quantenmechanische Systeme charakteristische Trudelbewegung – ähnlich wie bei einem Kreisel, dessen Achse während der Drehung ausgelenkt wird. Die Frequenz dieser Präzession ist proportional zur Stärke des Magnetfelds und lässt sich mit Laserspektroskopie nachweisen: Indem die Laserphotonen zunächst einen Impuls auf die Atome übertragen, werden die Spins ausgerichtet. Anschließend wird der Laser ein weiteres Mal auf die Atome gerichtet. Diese emittieren daraufhin Licht, dessen Frequenz Aufschluss über die Frequenz der Präzession und damit über das Magnetfeld gibt. Diese sogenannten optisch gepumpten Magnetometer (OPMs) sind seit geraumer Zeit als miniaturisierte Module verfügbar. Aufgrund ihrer kompakten Bauform lassen sie sich z. B. in Helme integrieren, die Proband:innen auf dem Kopf tragen können. Gegenüber den stationären SQUID-Systemen lassen sich so Bewegungsartefakte verringern und die Anwendungsbereiche erheblich erweitern.

Atome und Moleküle als Sensoren
Benutzt man einzelne Atome als Sensoren, so kann man die Vorteile der Quantensensorik mit hoher räumlicher Auflösung verbinden. In ersten Experimenten kamen einzelne Moleküle als nahezu punktförmige Sensoren für elektromagnetische Felder zum Einsatz. Entscheidenden Schub hat das Feld durch die Verwendung von Farbzentren in Diamanten erfahren. Dabei handelt es sich um atomare Fehlstellen im Kristallgitter, die optisch interessante Eigenschaften haben – zum Beispiel können sie einzelne Photonen emittieren. Mit solchen Farbzentren lassen sich mit hoher Empfindlichkeit magnetische und elektrische Felder sowie Temperatur und Druck mit einer räumlichen Auflösung von wenigen Nanometern nachweisen und abbilden. Das Funktionsprinzip ähnelt dabei den OPMs, nur handelt es sich nicht um Gasatome, sondern um Diamanten oder andere Festkörper, in die gezielt Fehlstellen eingebracht werden. Diese Festkörper lassen sich z. B. an den Spitzen von Rastersondenmikroskopen unterbringen, mit denen Oberflächen abgetastet werden können. Die Entfernung dieser Dotierungen in den Spitzen zur Oberfläche beträgt nur wenige Nanometer und erlaubt es, verschiedene Größen, wie z.B. magnetische und elektrische Felder oder Temperatur mit einer räumlichen Auflösung von besser als zehn Nanometern zu vermessen. Die Technik hat sich besonders für die Vermessung von nanomagnetischen Strukturen bewährt. Durch die Kombination von räumlicher Auflösung, geringer Wechselwirkung zwischen Atom und zu vermessender Probe und der nahezu kalibrationsfreien Vermessung von Magnetfeldern gelingt eine quantitative Vermessung bzw. Abbildung neuartiger magnetischer Materialien.