Um Gegenstände mit einer bestimmten Form und festgelegten Eigenschaften herzustellen, kann man entweder ein Objekt auf die richtige Form zurechtstutzen (subtraktive Fertigung) oder gleich in der richtigen Form zusammensetzen (additive Fertigung). Beim 3D-Druck wird ein Bauteil aus dünnen Schichten flüssigen, festen oder pulverförmigen Materials aufgebaut, die sich während des Aufbaus miteinander verbinden. Neben Kunststoffen lässt sich dies auch mit Metallen erreichen.
Dazu trägt der 3D-Drucker feines Metallpulver schichtweise auf. Dort wo massives Metall benötigt wird, verschweißt der Laserstrahl das Metallpulver. So entsteht zunächst eine einige zehn Mikrometer dicke Schicht des Bauteils. Wieder und wieder trägt die Maschine eine weitere Schicht Pulver auf, die der Laser verschweißt. So wächst das Bauteil im 3D-Drucker Schicht um Schicht in die Höhe. In vorgesehenen Hohlräumen innerhalb der Bauteilhülle verschmelzt der Laser das Pulver nicht. Es lässt sich von diesen Stellen nach dem Drucken einfach entfernen. Der Vorteil: Das Bauteil entsteht nahe an der endgültigen Geometrie. Dadurch braucht es nur wenig Material, besonders im Vergleich zur zerspanenden (subtraktiven) Herstellung, in der das Bauteil aus einem massiven Metallklotz herausgefräst wird. Das nicht verschweißte Pulver kann weiterverwendet werden, was besonders bei den in der Raumfahrt verwendeten teils exotischen Werkstoffen nicht nur viel Geld spart, sondern auch Energie.
Eine Designsoftware übersetzt das zu druckende Objekt schichtweise in die Schmelzbahnen, die später vom Laserstrahl abgefahren werden. Der 3D-Drucker setzt diese Bahnen über die vorhandenen optischen Scan- und Sensorsysteme hochpräzise um. Die gefertigten Teile genügen höchsten Anforderungen mit Auflösungen und Genauigkeiten von wenigen hundertstel Millimetern.

Legierungen neuer Art entstehen im 3D-Drucker
Während Anwender:innen in der Anfangszeit des 3D-Drucks vor allem gut schweißbare Stahl- und Aluminiumlegierungen verarbeitet haben, sind heute Prozesse für eine Vielzahl verschiedener Metalllegierungen etabliert. Superleichtes und hochfestes Titan eignet sich beispielsweise für topologieoptimierte und bionische Leichtbauteile in der Luftfahrt, nickelbasierte Hochtemperaturlegierungen für Turbinen- und Triebwerkskomponenten. Inzwischen ist die Bandbreite der verwendeten Metalllegierungen immens groß und umfasst darüber hinaus Werkzeugstähle, Kupferlegierungen und Edelmetalle. Eine besondere Legierungsklasse profitiert besonders von dem laserinduzierten Schmelzen und der darauffolgenden, rapiden Abkühlung: Bei solch hohen Abkühlraten können die Atome in einer ungeordneten Struktur erstarren – anders als bei normalen Abkühlvorgängen, die lange genug dauern, damit sich die Atome in einer Gitterstruktur anordnen können. Auf diese Weise bilden diese speziellen metallischen Legierungen amorphe Metalle, auch metallische Gläser genannt, die hochelastisch und dennoch sehr hart sind. Damit eröffnen sich völlig neuartige Anwendungsfelder für Federung, Schwingungsdämpfung oder hohe mechanische Wechselbelastungen. Ein unerwartetes Beispiel hierfür sind akustisch hochwertige Geräte, etwa im Ohr getragene Kopfhörer. Erst über den 3D-Druck lassen sich aus solchen Materialien auch Serienprodukte fertigen, die mittlerweile auch das gehobene Consumer-Marktsegment der Unterhaltungselektronik bedienen.
Brennertest bei 1700 K
Beim ersten Zünden des A110 RCS Steuerantriebs einer Griffin-Mondfähre entfacht das Brennstoffgemisch innerhalb von wenigen Millisekunden den vollen Schub von 110 Newton. Die kleine Brennkammer aus einer Niob-Legierung heizt sich dabei auf Temperaturen bis fast 1500° C auf. Das Triebwerk sorgt dafür, dass sich die Mondlandefähre dynamisch und präzise manövrieren lässt, um sanft auf dem Erdtrabanten aufzusetzen. Die Ingenieur:innen des amerikanischen Raumfahrtunternehmens Agile Space Industries nutzen den Metall-3D-Druck, um ihre Raumfahrttriebwerke nach der Entwicklung schnell in die Produktion zu überführen. Die additive Fertigung schafft nahezu unendliche Designfreiheitsgrade für leichtere und funktional integrierte Baugruppen. Das Pulverbettverfahren macht kleinere Brenner mehr als je zuvor wirtschaftlich einsetzbar. Es lassen sich Materialien mit hochwertigen Eigenschaften verwenden, die konventionell schwierig zu bearbeiten sind – etwa das Metall Niob, das erst bei sehr hohen Temperaturen schmilzt, oder ebenfalls stark hitzebeständige nickelbasierte Superlegierungen. Solche Materialien können dort eingesetzt werden, wo andere Legierungen schmelzen und Keramiken brechen würden. Bauteile lassen sich ohne die Einschränkungen anderer Fertigungsverfahren in nahezu beliebigen Formen in kürzester Zeit ressourcenschonend aufbauen und optimieren. Der Gestaltungsfreiraum und die Agilität des 3D-Drucks ermöglichen es, Komponenten schnell zu verbessern und neue Produkte innerhalb nur eines Monats in den Test zu bringen.
Hohe Erwartungen – realistische Szenarien
Nahezu alle Unternehmen der fertigenden Industrien haben in den vergangenen zehn Jahren die additive Fertigung als revolutionäres Verfahren als Teil der sogenannten vierten industriellen Revolution oder Industrie 4.0 in den Blick genommen, bei der es um die umfassende Digitalisierung der Industrie geht. Das Ergebnis dieser explorativen Phase: Die Möglichkeiten der additiven Fertigung, insbesondere bei der Funktionsintegration, sind erheblich und universell. Doch die Kosten bei Volumenprodukten sind teilweise weit höher als in den auf Massenfertigung optimierten Fertigungsverfahren der vergangenen Jahrzehnte. Wirtschaftlich sinnvoll sind 3D-Metalldrucke zurzeit deshalb in einem Bereich der Anwendungen mit mittleren Seriengrößen bis zu etwa 100 000 Stück. Diese Tatsache verhindert den industriellen Einsatz des 3D-Drucks in vielen Bereichen – etwa in der Automobilindustrie – bis heute. Oft dient der 3D-Druck von Metall vorerst weiterhin vornehmlich der beschleunigten Produktentwicklung, etwa durch die schnelle Herstellung von Prototypen.
Doch die zunehmende Individualisierung und Prototypisierung von Industriegütern geht einher mit der Weiterentwicklung der additiven Fertigungsprozesse und -anlagen. Metall-3D-Druck ist mittlerweile zu einem etablierten Verfahren für die Herstellung von Bauteilen mit höchsten Anforderungen geworden. Die Akzeptanz steigt, da in vielen Bereichen Weiterentwicklungen stattfinden: Bei der Konstruktion erleichtert die nahtlose Einbindung der Datenvorbereitung in die Designsoftware die Arbeit. Die Prozessführung verbessert sich durch die wissenschaftliche Erforschung und das dadurch tiefergehende Verständnis der Schweißprozesse, was mit einer verbesserten Bauteilqualität einhergeht. Die Aufbauraten des 3D-Drucks steigen durch Parallelisierung mit mehreren Lasern gleichzeitig und durch den Einsatz innovativer Strahlquellen. Immer größere Maschinen verschieben die Grenzen der Bauteilgrößen und Stückzahlen je Fertigungsvorgang.
All das führt dazu, dass uns in allen Lebensbereichen – in Forschung und Entwicklung, in der industriellen Produktion und schließlich auch in der Anwendung im Alltag – immer häufiger 3D-gedruckte Teile begegnen. Medizintechnikunternehmen drucken Knochenimplantate tausendfach in Titan und Edelstahl individuell auf die zu behandelnde Person angepasst. Ein weiteres Beispiel sind metallische Zahnkronen, welche Dentalunternehmen in Millionenstückzahlen individuell passend herstellen. Sie sorgen dafür, dass immer mehr Patient:innen einen erschwinglichen Zahnersatz erhalten. In Konsumprodukten der Unterhaltungselektronik und Sportgeräten begegnen sie uns als funktionelle, bionische und topologieoptimierte Bauteile immer häufiger, z. B. als Armbanduhr, individualisiertes Fahrradteil oder im Mobiltelefon.
Durch die absehbare zunehmende Digitalisierung und Individualisierung, einhergehend mit der Verkürzung von Produktzyklen und ermöglicht durch Weiterentwicklungen bei Prozessen und Anlagen vor allem hinsichtlich der Produktivität, wird sich ein Massensegment im 3D-Druck Schritt für Schritt etablieren.