Einen Beleg für die Nützlichkeit der Physik haben Sie jeden Tag in der Hand: Im Smartphone sind Mikrochips und Sensoren eingebaut, die physikalische Effekte in hochtechnisierten Bauteilen ausnutzen. Ganz allgemein ist die Sensorik in beeindruckende Präzisionsbereiche vorgedrungen, und das oft bei industrieller Fertigung der Komponenten in großem Maßstab. So können Quantensensoren für medizinische Zwecke Ströme im Inneren des Gehirns vermessen, und Smartphones oder Autos enthalten mehrere hochgenaue mikrostrukturierte Lagesensoren.
Die Methoden der Mikrochipherstellung werden durch immer neuere physikalische Erkenntnisse kontinuierlich verbessert und weiter miniaturisiert. In der Folge nimmt die Rechenleistung von Computern seit über 50 Jahren kontinuierlich zu, während der Energiebedarf pro Rechnung erheblich sinkt. Ein Beispiel, das den immensen Fortschritt anschaulich macht: Die gleiche Anzahl an digitalen Schaltelementen (Transistoren), die zusammen in den CPUs aller jemals gebauten 30 Millionen Commodore-64-Heimcomputern der 1980-Jahre gefertigt wurden, findet sich heute in einem einzigen System-on-a-Chip eines leistungsfähigen PCs. Mit der Erhöhung der Verarbeitungsleistung gehen auch der Bedarf und die Möglichkeit einher, Daten zu speichern. Dazu werden vor allem magnetische Effekte genutzt, die den Anforderungen an schnellem und zuverlässigerem Zugriff auf gigantische Datenmengen nachkommen können.
Neben dem „Immer schneller“ klassischer Computer sind vollkommen andere Konzepte Gegenstand intensiver Forschung. So hat die Entwicklung von Quantencomputern enorm an Fahrt aufgenommen. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, die Recheneinheiten der Quantencomputer, die Qubits, physikalisch herzustellen. In einer weiteren Anwendung der Quantenphysik sind erste Pilotprojekte für absolut abhörsichere Kommunikation mit Quantenverschlüsselung bereits realisiert.
Wo selbst die schnellsten klassischen Computer für die Berechnung quantenphysikalischer Phänomene nicht ausreichen und auch in Zukunft aus prinzipiellen Gründen nicht ausreichen werden, setzt die Forschung zunehmend auf die Realisierung von analogen Modellquantensystemen. Hier werden Systeme aus einzelnen Atomen so manipuliert, dass sich mit ihrem Verhalten die gewünschten physikalischen Fragestellungen beispielsweise aus der Festkörperforschung beantworten lassen.
Ein wichtiger Erfolg wurde 2019 mit der Neudefinition des internationalen Einheitensystems erzielt: Alle physikalischen Einheiten sind nun dadurch definiert, dass die Zahlenwerte von sieben fundamentalen Konstanten exakt festgelegt wurden. Was auf den ersten Blick nur bedeutet, dass kein Rückgriff mehr auf das bis dahin benötigte Urkilogramm in Paris notwendig ist, hat ganz praktische Auswirkungen: Alle Einheiten können nun an jedem Ort mittels entsprechender Experimente realisiert werden – prinzipiell im gesamten physikalisch beschreibbaren Universum! Darüber hinaus hängt die Genauigkeit der Realisierung nicht mehr von Ungenauigkeiten der Definition selbst ab, sondern lediglich von den jeweiligen technischen Möglichkeiten bei deren praktischer Umsetzung.
Viele medizinische Diagnosemethoden basieren heute auf digitaler Datenerfassung und -verarbeitung. In Computertomografen werden Röntgenaufnahmen digital in Schnittbilder und Volumendarstellung des Körperinneren umgewandelt. Das gleiche passiert – basierend auf einem anderen physikalischen Phänomen – bei der Kernspintomografie. In der Therapie von schwerwiegenden Krebserkrankungen werden nukleare Methoden eingesetzt, also etwa radioaktive Substanzen gezielt in den Körper eingebracht oder mit Ionenstrahlen die Tumoren angegriffen. Auch die Nanotechnologie kann genutzt werden, um schädliche Zellen zu vernichten und gleichzeitig das gesunde Gewebe möglichst zu schonen. Laser sind bei bestimmten Augenoperationen unersetzlich, Ultraschallbildgebungsgeräte werden bei vielen Untersuchungen routinemäßig eingesetzt.
Welche Auswirkungen es hat, wenn in komplexen Systemen eine große Zahl von Komponenten miteinander in Wechselwirkung treten, zeigt sich in vielen Bereichen. Eine Wettervorhersage etwa – so präzise wie sie heute auch ist – kann prinzipiell nicht über einen Zeitraum von einigen Tagen hinaus funktionieren. Doch die scheinbar zufälligen Verläufe des Wetters münden trotzdem in ein vorhersagbares Klima und gehorchen dabei typischen Veränderungsmustern, die in verschiedenen komplexen Systemen ähnlich auftreten. Dass Komplexität auch zu Stabilität in Systemen führen kann, mag auf den ersten Blick überraschen, doch wenn man das im Ganzen gezielt wirkende Bewegungsmuster von Schwärmen betrachtet, zeigt sich, dass in der Komplexität auch Struktur zu finden ist. In unserer Welt mit Kommunikations- und Transportnetzen, die sich über den ganzen Globus spannen, ist es daher wichtig zu wissen, welche Effekte etwa bei der Verbreitung von Krankheitserregern, im Verkehr oder bei der Energieversorgung allein aus Gründen der Vernetzung zu erwarten sind und wie man sie kontrollieren oder beherrschen kann.
Auch die Beobachtungssysteme der Erderkundung operieren global. Fernerkundungssysteme auf Satelliten, Flugzeugen oder Schiffen erlauben es, fortwährend die Auswirkungen menschlichen Handelns auf den Planeten zu überwachen. Besonders bei schwerwiegenden Extremwetterereignissen und Erdbeben kommt dabei auch der Warnung vor und Unterstützung bei Katastrophenfällen eine wichtige Rolle zu. Auch die Überwachung außerhalb solcher punktueller Ereignisse ist eine wichtige Aufgabe, etwa bei der Frage, ob Luftschadstoffe zu Gesundheitsgefahren führen können.
Ob wir den von uns Menschen verursachten Klimawandel in den Griff bekommen, entscheidet sich vor allem daran, ob es gelingt, die Verbrennung fossiler Ressourcen durch alternative und effizientere Formen der Energienutzung zu ersetzen. Hier kann physikalische Forschung wesentliche Beiträge liefern, wie man an der Entwicklung immer effizienterer und kostengünstigerer Solarmodule und Batterien, zum Beispiel LEDs für die Beleuchtung, und vielem mehr erkennen kann. Auch aktive Klimainterventionen, also die Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre oder die Veränderungen der Energieeinstrahlung, werden erforscht und könnten Bausteine für die Milderung der Erderwärmung sein. Ob all diese Entwicklungen greifen und die Maßnahmen rechtzeitig umgesetzt werden, um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, wird sich in den nächsten Jahren entscheiden.
Die Suche nach anderen bewohnten oder bewohnbaren Planeten kann dabei keine Alternative zum Schutz der Erde sein. Zwar gibt es zuhauf Planeten um andere Sterne, doch alle sind zu weit entfernt, als dass sie eine neue Heimat für die Menschheit werden könnten. Welche Wirkung hätte aber wohl der Nachweis von Leben auf einem fremden Planeten für uns als Menschheit?